"Jetzt ist crunch time" - Carolin Emcke im Uni:Lokal
Die Journalistin, Philosophin und Publizistin Carolin Emcke gilt als intellektuelle Vorkämpferin für eine offene Gesellschaft und die Demokratie. Bei der Verleihung des Bürgerpreises "Glas der Vernunft" am Sonntag rühmte der Vorsitzende des verleihenden Vereins, Prof. Dr. Wilfired Sommer, Emcke spreche "eine Sprache, die Hass und Gewalt etwas entgegensetzen kann". Am Tag vor der Ehrung diskutierte Emcke mit Kasseler Studierenden, Schülerinnen und Schülern und vor zahlreichen Besuchern im UNI:Lokal.
Emcke (57) berichtete 15 Jahre als Reporterin aus Kriegs- und Krisengebieten. In den zurückliegenden Jahren machte sie vor allem mit Essays und Gastbeiträgen in Zeitungen von sich reden, in denen es um eine vernunftgeleitete Verteidigung von Toleranz, Vielfalt, Empathie, Demokratie geht.
Wie soll man sich verhalten, wenn diese Ziele unter Druck geraten? Emcke betonte am Samstag, sie sehe sich als Teil einer lange Zeit verschonten Generation. Sie habe kein Patentrezept für die aktuellen Krisen, aber: „Jetzt ist crunch time". Da könne man sich nicht davonstehlen. "Wir wissen nicht, wie wir der Krisen Herr werden. Aber wir dürfen nicht aufgeben."
Viel ging es auch um die Frage der Zeugenschaft und des wahrhaften Erzählens. Wie wird man den Leidtragenden von Katastrophen wie in Haiti, Gaza oder Afghanistan gerecht? Ist ein Verstehen über Grenzen der Kultur überhaupt möglich? „Ja!“, sagt Emcke entschieden. Wenn wir diesen Anspruch aufgäben, wäre das eine Katastrophe eigener Art.