Was mich antreibt – Jannes Lüdtke

Ausgangspunkt für mein Promotionsthema ist Körperdesign, also die Möglichkeit, den menschlichen Körper durch technologische Anpassungen zu verändern und zu optimieren, um so unsterblich zu werden. Dieses Ziel liegt dem Transhumanismus zugrunde. Bisher wird das Thema wissenschaftlich vor allem aus einer ethischen Perspektive betrachtet (‚was darf man?‘), meist sehr abstrakt und mit hypothetischen Technologien. Aber Körperdesign ist etwas, das Menschen seit Jahrhunderten praktizieren – von der Kastration von Chorknaben in der Barockzeit über Prothesen und plastische Chirurgie bis hin zu Tattoos. Daher liegt mein Fokus darauf, wie sich das Bild unseres Körpers verändert, wenn wir solche Änderungen vornehmen. Was bedeutet für uns ‚Körper‘ und wie sehen transhumanistische Vorstellungen davon aus? Im Kontext von KI-Technologien oder z.B. Musks Unternehmen Neuralink (zur Entwicklung eines Brain-Computer-Interfaces) ist das Thema Körperdesign aktuell auch im gesellschaftlichen Diskurs präsent.
Für mich ist der Transhumanismus eigentlich eine reaktionäre Bewegung, die sich unter einer Maske des in die Zukunft Denkens versteckt. Transhumanistische Entwürfe des ‚verbesserten Körpers‘ sind überraschend konservativ, die Körper sehen gar nicht verändert aus. Die Bewegung fördert eine Entpolitisierung: Probleme der Gesellschaft oder der Menschheit werden über eine Anpassung des menschlichen Körpers anstatt durch Änderungen im System gelöst. So steht er der Idee des Fortschritts genau entgegen. Ein Beispiel ist die Idee, die ‚Überbevölkerung‘ des Planeten dadurch zu lösen, dass man Menschen schrumpft. So kann das Konsumverhalten beibehalten werden, man passt lieber den menschlichen Körper an. Daher interessiert mich auch, was ein Gegenentwurf hierzu sein könnte: Wie kann man ohne diese Entpolitisierung über den Körper nachdenken?
Ein weiterer spannender Aspekt ist, welche transhumanistischen Vorstellungen von Körpern Eingang in unsere Popkultur finden. Gerade in den letzten Jahren ist hier wahnsinnig viel entstanden – man braucht sich nur mal Superhelden-Filme anzuschauen –, worin sich transhumanistische Narrative widerspiegeln.
Eingeschrieben bin ich an der Kunsthochschule Kassel als freier Doktorand, betreut von Professor Daniel Hornuff, der es überhaupt erst ermöglicht hat, im Produktdesign mit einem praktischen Abschluss wissenschaftlich zu promovieren. Ich erhalte für meine Promotion auch ein Vollstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. Das gibt mir viel mehr Freiheit und es ist besonders schön, in der jungen Disziplin der Designwissenschaft eine solche Förderung zu bekommen.
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2025/1. Protokoll: Lisa-Maxine Klein