Forschungsprojekte

Laufende Projekte

Das Projekt ist ein Teilprojekt der DFG-Forschungsgruppe "Nachhaltiges Lernen: Kognitive Mechanismen und effektive instruktionale Implementierung". Es besteht aus zwei Teilen, von denen einer an der Universität Kassel (PI Ralf Rummer) und der andere an der Universität Passau (PI Judith Schweppe) bearbeitet wird.

Der (Rückwärts-)Testungseffekt besagt, dass testbasierte Abrufübung (Retrieval Practice) nach dem initialen Lernen effektiver ist als andere Wiederholungstechniken. Dieser Effekt konnte wiederholt sowohl in Labor- als auch in Feldexperimenten demonstriert werden. Theoretische Überlegungen und einige experimentelle Befunde weisen jedoch darauf hin, dass sich der Testungseffekt möglicherweise nicht bei komplexen Lernmaterialien zeigt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre eine direkte Übertragung des Effekts in die Schul- und Hochschulausbildung nur unter sehr spezifischen Bedingungen sinnvoll. Auf der anderen Seite würde eine fälschliche Generalisierung der Annahme, der Testungseffekt sei auf wenig komplexe Lernmaterialien beschränkt, dazu führen, dass Lernenden eine der wirksamsten Techniken nachhaltigen Lernens vorenthalten werden würde. Im Rahmen dieses Projekts untersuchen wir eine alternative Erklärung für das (gelegentliche) Nichtauftreten des Testungseffekts bei komplexen Materialien. Wir nehmen an, dass die Lernenden komplexen Lernstoff unter Umständen zu Beginn der Konsolidierungsphase noch nicht ausreichend verstanden haben, was zu weniger effektiven Abrufübungen führt. Bei weniger komplexen Materialien ist hingegen nach der initialen Lernphase von einem ausreichend tiefen Verständnis des Stoffs auszugehen. Wir nehmen also an, dass der Testungseffekt auch bei komplexem Lernmaterial auftritt, wenn die Lernenden den Lernstoff in der ersten Lernphase hinreichend gut verstehen. Die im Rahmen des Projekts geplanten Feldexperimente sollen im Deutschunterricht der Jahrgangsstufe 11 der Gymnasialen Oberstufe durchgeführt werden.

PIs: Ralf Rummer, Judith Schweppe

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Luise Ende

Laufzeit des Kasseler Teilprojekts: 2023–2027

Teilprojekt: Chatbot-basierte Unterstützung beim Aufbau von Common Ground in der Hochschullehre

Grounding-Prozesse sorgen dafür, dass zwei oder mehr kommunizierende Personen das Hintergrundwissen, auf dem die Kommunikationsplanung basiert, aufeinander abstimmen. Diese Prozesse waren bislang, trotz ihrer Bedeutung für die lernbezogene Kommunikation, kaum Gegenstand der Lehr-/Lernforschung. Das Ziel dieses Teilprojekts ist es, die Etablierung von Common Ground durch ein automatisiertes Feedback zu fördern und somit gleichzeitig die generelle Kompetenz der Beteiligten zu steigern.

PI: Ralf Rummer

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Anita Körner

Laufzeit: 2022–2025

Dieses Projekt zielt auf die Untersuchung potenzieller Moderatoren (Stimmung, Disfluenz) des "Seductive Details"-Effekts, der besagt, dass die Präsentation von Information, die Aufmerksamkeit auf sich zieht, aber dem Verständnis des Lernstoffs nicht förderlich ist, die Lernleistung minimiert. Es werden sowohl die Lernleistung als auch Blickbewegungen als abhängige Variablen herangezogen. Konkret erwarten wir eine höhere Lernleistung durch eine Reduktion der Ablenkbarkeit bei schlechter Stimmung und erschwerter Lesbarkeit des Texts. Die entsprechenden Eye-Tracking-Experimente basieren auf dem modifizierten Paradigma von Ketzer-Nöltge et al. (2019).

PIs: Sophia Weißgerber, Ralf Rummer

Laufzeit: 2023–2024

Das vorliegende Projekt beschäftigt sich mit Lautsymbolik (engl. sound symbolism), das heißt mit systematischen Zusammenhängen zwischen Wortform und Wortbedeutung. Im Rahmen dieses Projekts konzentrieren wir uns auf den Zusammenhang zwischen Vokalen und emotional-affektiver Bedeutung: Zumindest in Kunstwörtern ist der Vokal /i/ eher mit positiver Bedeutung und der Vokal /o/ eher mit negativer Bedeutung assoziiert. Wenn sich Versuchspersonen z.B. Kunstnamen für unbekannte Gesichter ausdenken, verwenden sie für lächelnde Gesichter häufiger Pseudonamen mit /i/, während sie für Gesichter mit ärgerlichem Gesichtsausdruck häufiger Pseudonamen mit /o/ verwenden. In diesem Projekt werden zwei Fragen untersucht: Erstens, wie tief verankert und damit automatisch ist Valenz-Lautsymbolik? Es geht also darum zu überprüfen, ob das Phänomen Valenz-Lautsymbolik auf automatischen Prozessen beruht. Zweitens werfen wir die Frage auf, welche psychologischen Mechanismen dem Zusammenhang zwischen Vokalen und Wortbedeutung zugrunde liegen. Bei der Untersuchung der kognitiven Mechanismen werden wir (exemplarisch) drei Phänomene vergleichen: Assoziationen von Vokalen mit Valenz, Helligkeit und Größe. Frühere Experimente haben gezeigt, dass der Vokal /i/ nicht nur mit positiver Valenz, sondern auch mit Helligkeit und Kleinheit assoziiert ist. Wir nehmen an, dass die lautsymbolische Relation zwischen Vokalen und Helligkeit sowie Vokalen und Größe auf einem Mechanismus beruht, der Tonfrequenzen nutzt, während die Beziehung zwischen Vokalen und Valenz auf Artikulationsbewegungen beim Sprechen beruht. Konkret nehmen wir an, dass die Artikulation des Vokals /i/ partiell die gleichen Gesichtsmuskeln kontrahiert wie das Lächeln und die Artikulation des Vokals /o/ die Antagonisten dieser Gesichtsmuskeln involviert.

PIs: Anita Körner, Ralf Rummer

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Charlotte Löffler, Saru Parajuli

Laufzeit: 2024–2027

Abgeschlossene Projekte

Das Arbeitsprogramm des gegenwärtigen Forschungsprojekts war zweigeteilt. Auf methodischer Ebene zielte es auf die Einrichtung eines vollumfänglichen, technisch aktuellen EEG-Labors im Institut für Psychologie der Universität Kassel ab. Zu diesem Zweck wurde ein leistungsstarkes Forschungs-EEG-System, zusammen mit mehreren schalldämpfenden Testungskabinen, in einem neu renovierten Laborraum installiert. Das Projekt umfasste die Erstellung, kritische Überprüfung und Optimierung von detaillierten Datenerhebungsprotokollen sowie die praktische Einarbeitung qualifizierter studentischer Hilfskräfte und die Sicherstellung der erforderlichen ethischen Genehmigungen. Diese Maßnahmen wurden anschließend im Kontext mehrerer EEG-Studien, die bis dato erfolgreich im eingerichteten Forschungslabor durchgeführt worden sind, erprobt. Auf inhaltlicher Ebene beschäftigte sich das Projekt mit der EEG-basierten Untersuchung von lautsymbolischen Assoziationen im menschlichen Gehirn und zielte somit auf die neuronale Grundlage eines historisch umstrittenen Prinzips der Organisation von menschlicher Sprache ab. In einer fortlaufenden Serie von Experimenten analysier(t)en wir die neuronale Verarbeitung von lautsymbolisch übereinstimmenden (vs. gegenläufigen) Objekt-Laut-Paaren, betreffend zum Beispiel die Paarung zwischen verschiedenen Produktkategorien und verschiedenen fiktionalen Markennamen (Glim & Hillje, 2024). Im Einklang mit unseren Hypothesen zeigte sich (bislang), dass Informationen, die lautsymbolischen Prinzipien folgten, mit einer Erleichterung der neuronalen Verarbeitung assoziiert sind—ein Befund, der nahelegt, dass das Konzept der Lautsymbolik tief im menschlichen Gehirn verankert ist, statt lediglich ein kurioses Nebenprodukt der Sprachevolution zu sein.

PI: Sarah Glim

Laufzeit: 2021–2022

Unter Lautsymbolik versteht man das Phänomen, dass bestimmte Aspekte der Wortoberfläche mit bestimmten Dimensionen der Wortbedeutung kovariieren. Im Rahmen dieses Projekts wurden drei lautsymbolische Effekte untersucht, bezüglich derer die Vokale /i/ und /o/ bedeutsam sind: (1) die Relation zwischen /i/ versus /o/ und der emotionalen Valenz der zu bezeichnenden Objekte; (2) die Relation zwischen /i/ versus /o/ und der Größe der zu bezeichnenden Objekte; und (3) die Relation zwischen /i/ versus /o/ und den Formmerkmalen rund versus eckig. Um die entsprechenden Zusammenhangsannahmen zu testen, wurden positiv versus negativ valente Objekte (Experiment 1), große oder kleine Objekte (Experiment 2) sowie runde versus eckige Formen (Experiment 3) dargeboten. Die Aufgabe der Versuchpersonen bestand jeweils darin, diese Objekte in einer Fantasiesprache zu benennen. Als abhängige Variable fungierte die Anzahl der /i/s und /o/s in den Fantasienamen. Wir nahmen an, dass die Fantasienamen für positive (vs. negative) Objekte mehr /i/s und weniger /o/s enthielten. Gleiches galt für kleine (vs. große) und eckige (vs. runde) Objekte.

PI: Ralf Rummer

Laufzeit: 2018–2019

Die grammatisch maskuline Form im Deutschen weist eine inhärente Ambiguität auf, da sie sich einerseits spezifisch auf männliche Personen und andererseits generisch auf Personen jeglichen Geschlechts beziehen kann. Verhaltensstudien haben nahegelegt, dass diese Doppelfunktion zu einem sogenannten Male Bias bei den erzeugten mentalen Repräsentationen führt. Die einem solchen Bias zugrunde liegenden neuro-kognitiven Mechanismen sind bisher jedoch unerforscht geblieben. In insgesamt drei EEG-EKP-Studien (Glim et al., 2023a, 2023b, 2024) haben wir die neuronale Verarbeitung von anaphorischen Referenzen auf Männer versus Frauen nach einem Rollennomen in einer von mehreren verschiedenen Geschlechtsformen im Deutschen untersucht. Die erhobenen Daten haben gezeigt, dass das generische Maskulinum („Studenten“) zu wiederkehrenden Verarbeitungsschwierigkeiten führt, wenn auf weibliche (statt auf männliche) Personen Bezug genommen wird, sowohl während der frühen perzeptuellen Verarbeitung als auch während höhergeordneter Referenzauflösung. Zusätzlich haben wir demonstriert, dass weder die feminin–maskuline Paarform („Studentinnen und Studenten“) noch die Gendersternform („Student*innen“) geschlechtsbalancierte mentale Repräsentationen erzeugt, wobei beide Formen die neuronale Verarbeitung von Referenzen auf Männer (vs. Frauen) behindern, wenngleich in verschiedenen räumlich-zeitlichen Verarbeitungsbereichen. Das gegenwärtige Forschungsprojekt hat erstmalig umfassende neurophysiologische Daten zur Verarbeitung verschiedener Geschlechtsformen im Deutschen geliefert und auf diesem Weg dazu beigetragen, die laufende gesellschaftliche Debatte zu geschlechtergerechter Sprache auf eine belastbare empirische Basis zu stellen.

PIs: Holden Härtl, Ralf Rummer, Sarah Glim, Anita Körner

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Sarah Glim

Laufzeit: 2022–2023

Vielfältige Forschung konnte zeigen, dass Wortelemente mit Bedeutungen assoziiert sind. So werden z.B. Personen, deren Namen /i/ enthalten (vs. kein /i/ enthalten), als sympathischer eingeschätzt. Derartige Untersuchungen beziehen sich jedoch fast ausschließlich auf die Untersuchung von Einzelbuchstaben. Dieses Projekt untersuchte stattdessen Wortformschwierigkeit, operationalisiert über Wortlänge und die Häufigkeit verwendeter Bigramme und Trigramme in der deutschen Sprache. Wir konnten finden, dass schwierige Wortformen eher mit auditiven Konstrukten assoziiert sind als mit anderen Sinnesmodalitäten. Das vorliegende Projekt hat die Replizierbarkeit und Generalisierbarkeit auf andere experimentelle Versuchsanordnungen und Stimuli überprüft, um damit Vorarbeiten für einen Drittmittelantrag zu liefern. Dieser Drittmittelantrag wurde 2022 gestellt und konnte 2024 starten (siehe Valenz-Lautsymbolik: Automatizität und kognitive Mechanismen).

PI: Anita Körner

Laufzeit: 2020–2021