Veröffentlichungen
Julia Drube: Zwischen den Krisen. Theologische Denkanstöße zu wichtigen Fragen unserer Zeit. Trier: ruach.jetzt 2024.
Klimawandel, Kriege, Pandemie. Wir leben in krisenhaften Zeiten. ZWISCHEN DEN KRISEN gibt theologische Denkanstöße zu relevanten Fragen unserer Zeit: Will Gott, dass Menschen leiden? Ist unsere Demokratie in Gefahr? Was nutzen eigentlich Friedensgebete? Oder: Dürfen wir trotz Krisen überhaupt glücklich sein? Die Beitragenden ordnen theologische Begriffe neu ein – wissenschaftlich fundiert, aber trotzdem verständlich und nachvollziehbar. Ein Teil der Einnahmen wird an Diakonie und Caritas gespendet.
Der Sammelband beinhaltet neben Beiträgen verschiedener Theologen aus dem deutschsprachigen Raum Science-Slams, Fotografien von Nina Knöll und ein Geleitwort von Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Andreas Heek/Aurica Jax/Ilse Müllner/Annegret Reese-Schnitker (Hg.): Zur Sprache bringen. Biblische Texte und sexualisierte Gewalt in Pastoral und Schule. Grünewald: Ostfildern 2024.
Der Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche, und das seit Jahren. Sexualisierte Gewalt in kirchlichen Räumen ist kein Einzelfall, sondern wird von einem System gestützt, das Macht, Gewalt und Sexualität zu einer lebensfeindlichen Verbindung zusammenfügt.
Im vorliegenden Band werden biblische Texte kritisch gelesen, um die Systeme sexualisierter Gewalt zu verstehen und um in den Texten nach Ressourcen von Stärke und Resilienz zu suchen. Die Autor*innen aus verschiedenen Feldern kirchlichen Handelns (Schule, Pastoral, Erwachsenenbildung, Wissenschaft) zeigen exemplarisch, wie mit Hilfe dieser Texte in Pastoral und Schule eine Sprache für sexualisierte Gewalt gefunden werden kann, die befreienden Charakter hat.
Susanne Schuster: Problem Theologin. Die Entwicklung des Theologinnenamtes in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen und der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen. Leipzig: Historische Verlagsanstalt 2024 (= Historisch-theologische Genderforschung 9).
Seit rund hundert Jahren ist es Frauen möglich, Theologie zu studieren. Die evangelischen Landeskirchen wurden mit der Existenz »theologisch vorgebildeter Frauen« konfrontiert. Auf welche Weise sollten die Theologinnen in der Kirche arbeiten? Rund fünfzig Jahre wurde kontrovers darüber diskutiert, ob Theologinnen das Pfarramt zu übertragen sei. Eine Einigung konnte meist nicht erzielt werden, stattdessen wurden die theologisch strittigen Fragen auf der Ebene des Rechts geregelt. Für die Evangelisch-Lutherische Kirche Thüringen und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen wird dieser Prozess erstmals nachgezeichnet. Dabei liegt ein Fokus darauf, welche Gruppen innerhalb der beiden Landeskirchen und der überregionalen Kirchenbünde in diesem Prozess agierten.
Nikola Roßbach (Hg.): Zensur. Handbuch für Wissenschaft und Studium. Baden-Baden: Nomos 2024.
Zensur ist hochaktuell. Sie scheint gegenwärtig – im Kontext globaler Krisen, erodierender Demokratien und erstarkender Autokratien und Diktaturen – sogar noch an Aktualität zu gewinnen. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme zum Phänomen und seiner Erforschung ist dringend geboten. Das vorliegende Handbuch präsentiert erstmals den Stand der Zensurforschung aus einer interdisziplinären, transhistorischen und globalen Perspektive. Nach begrifflich-theoretischen Grundlagen werden zentrale Akteure und Handlungsfelder der Zensur behandelt: Politik, Religion, Wirtschaft, Kunst, Medien und Recht. Es folgt ein Überblick über die Zensurgeschichte von der Antike bis zum 21. Jahrhundert. In Beiträgen zu verschiedenen Weltregionen (Afrika, Asien, Australien, Nord-, Mittel- und Südamerika, West- und Osteuropa) werden die globalen Dimensionen von Zensur entfaltet. Abschließend geht es um aktuelle Kontroversen und Polemiken der Zensur, um Zensurnarrative und -debatten (z.B. über "Cancel Culture" und "Identitätspolitik").
Das Handbuch richtet sich an das an Zensur interessierte Fachpublikum der Kultur-, Literatur- und Medienwissenschaften, der Geschichts- und Rechtswissenschaften ebenso wie an fortgeschrittene Studierende.
Mit Beiträgen von
Sigrun Abels | Norbert Bachleitner | Jessica Bauer | Lars Distelhorst | Jennifer Ehrhardt | Sascha Feuchert | Johannes Frimmel | Florian Gassner | Juri Häbler | Christine Haug | Thomas Keiderling | Wolfgang Stephan Kissel | Hans J. Lind | Manfred Loimeier | Siegfried Lokatis | Matthias N. Lorenz | Christian Meierhofer |Claus Oberhauser | Stephan Packard | Jörg Requate | Dirk Rohmann | Nikola Roßbach | Roland Seim | Daniel Syrovy | Jan-Henrik Witthaus | Hubert Wolf | Wolfgang Wüst
Amelie Bendheim & Jennifer Pavlik (Hrsg.): Ästhetik des Anderen. Minoritäre Perspektiven in Literatur, Theater und (neuen) Medien. Bielefeld: transcript Verlag 2024.
Wie werden Konzepte des Anderen in Literatur, Film oder Theater inszeniert? Die Beiträger*innen nehmen das Potential ästhetischer Formen in den Blick und reflektieren, wie diese dazu beitragen können, Ausschnitte der Wirklichkeit einsehbar zu machen, die oft unberücksichtigt bleiben: Perspektiven des Anderen. Jenseits von essentialisierenden Zuschreibungen geht es darum, Hybriditäten und Ambiguitäten offenzulegen, um verbreitete und mitunter erstarrte Denkmuster zu hinterfragen. Nur so kann eine differenzierte Welt- und Selbstwahrnehmung entstehen, die das Andere als fundamentale Erfahrung miteinbezieht und es als Möglichkeit zur Irritation und zum Staunen begreift.
Mehr Informationen finden Sie hier.
Andreas Wicke: Fünfzig Jahre voller Samstage – Paul Maars „Sams“-Romane. KinderundJugendmedien.de. Wissenschaftliches Internetportal für Kindermedien und Jugendmedien. 2023.
„Nun kann ich nur hoffen, daß Ihnen die Geschichte vom Sams annähernd soviel Spaß macht wie meinen (leider nicht ganz objektiven) Kindern“, schreibt Paul Maar 1971, als er das Manuskript zu Eine Woche voller Samstage an den Verlag Friedrich Oetinger schickt. Mittlerweile sind elf Romane erschienen, die sich über sechs Millionen Mal verkauft haben. Die Geschichten um Herrn Taschenbier und das Sams wurden außerdem als Hörbuch und Hörspiel, als Film und Theaterstück, als Musical und Computerspiel adaptiert. Der erste Band ist 1973 erschienen, das Sams kann 2023 also seinen 50. Geburtstag feiern – und es ist in dieser Zeit zu einer der bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchfiguren geworden. Doch nicht nur bei Kindern sind die Romane beliebt, auch in der Germanistik gibt es mittlerweile vielfältige Analyse- und Deutungsansätze. In Fünfzig Jahre voller Samstage wirft Andreas Wicke zwölf literaturwissenschaftliche Schlaglichter auf Paul Maars imposantes kinderliterarisches Erfolgsprojekt, außerdem werden Auszüge aus der Ur-Sams-Handschrift sowie dem Briefwechsel zwischen Autor und Verlag hier zum Teil erstmals veröffentlicht.
Zu den einzelnen Kapiteln:
- Entstehung und Rezeption
- Zur Deutung der Hauptfiguren
- Fantastiktheoretische Dimensionen
- Sozialgeschichtlicher und politischer Hintergrund
- Illustrationen
- Intertextuelles Spiel
- Das Sams auf der Bühne
- Das Sams in Hörspiel, Hörbuch und Film
- Sprache, Komik und Lyrik
- Übersetzungen
- Das Sams in der Schule
- Literatur und Wirklichkeit
Hier geht es zur Übersichtsseite: https://sams.kinderundjugendmedien.de/
Mark-Oliver Casper / Giuseppe Flavio Artese (Hg.): Situated Cognition Research. Methodological Foundations. (Reihe Studies in Brain and Mind). Cham/Switzerland: Springer 2023 (=Studies in Brain and Mind 23).
Das Buch widmet sich einem progressiven Part in der Philosophie des Geistes und der Kognitionswissenschaft, dem Ansatz der sog. „Situierten Kognition“. Dieser Band versammelt Befürworter und Kritiker dieser situierten Kognitionsforschung, um die Feinheiten, Voraussetzungen, Möglichkeiten und den Umfang einer Methodologie dieses Forschungszweiges zu bewerten. Die Beiträge sind in drei Kategorien unterteilt. Die erste Kategorie umfasst Beiträge, die sich mit einer Methodologie aus der Perspektive der Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie befassen. Es wird erörtert, ob ein Erklärungspluralismus oder -monismus zu unterstützen ist, und es werden mögliche Kompromisse zwischen unterschiedlichen Positionen erörtert, die innerhalb der situierten Kognitionsforschung zu finden sind. Die zweite Kategorie befasst sich mit ontologischen Fragen bezüglich der synchronen und diachronen Konstitution kognitiver Phänomene sowie der Lokalisierung kognitiver Prozesse. Die dritte Kategorie beschäftigt sich damit, wie die theoretischen und praktischen Verpflichtungen der situierten Kognitionsforschung zu empirisch gestützten Untersuchungen verschiedener Phänomene führen, wie z.B. zur Erforschung von Affordanzen oder (chronischem) Schmerz. Das Buch stellt einen überfälligen ersten Schritt in Richtung einer systematischen und positiven Antwort auf methodologische Bedenken in der situierten Kognitionsforschung dar. Ohne diesen und weitere Schritte könnte die Erforschung des situierten Geistes ins Stocken geraten. Mit solchen Schritten kann die situierte Kognitionsforschung ihre Ambitionen, die darin bestehen einen größeren Einfluss auf die Forschungspraxis der Kognitionswissenschaften auszuüben, method(olog)isch strukturieren und vielversprechender realisieren.
Andra Ioana Horcea-Milcu / Ann-Kathrin Koessler / Adrian Martin / Julian Rode / Thais Moreno Soares: Modes of mobilizing values for sustainability transformation. In: Current Opinion in Environmental Sustainability (64).
There is broad agreement on the potential role of values to incite intentional transformative change toward sustainability. However, there is no proposed heuristic on how to mobilize values for sustainability transformation, especially in the context of multilevel decision-making. We aim to fill this gap based on a literature analysis conducted as part of Chapter 5 of the IPBES Values Assessment. We outline four modes of mobilizing values for sustainability transformation: enabling, including, shifting, and reflecting. They differ in terms of the mix of agency and conversely of outside steering needed for each value mobilization mode. We then explore key tensions and insights that emerge through this classification: interdependencies between the modes of mobilizing values, tensions between shifting versus enabling and including values, tensions between which values to shift and which values to enable, and tensions between levels of values intervention (individuals, community, and society).
Nikola Roßbach / Angela Schrott (Hg.): Wiederholung und Variation im Gespräch des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Reihe Historische Dialogforschung). Berlin: de Gruyter 2023 (=Historische Dialogforschung 6).
Die Wiederholung ist ein basales kulturelles Tun, das in allen Bereichen des menschlichen Lebens und Handelns vorkommt, so auch in der Kommunikation. Der interdisziplinäre Sammelband fragt nach der Kreativität repetitiver Gesprächsmuster in der Vormoderne. Die Beiträge aus Geschichts-, Sprach- und Literaturwissenschaft analysieren deutsche, spanische, französische und englische Textzeugnisse aus Mittelalter und Früher Neuzeit und untersuchen die Spannung zwischen der scheinbaren Identität der Wiederholung und ihrem Potenzial, kreativ Differenzen zu erzeugen. Erkundet werden dabei die fundamentalen sprachlichen und kulturellen Funktionszusammenhänge dieses Wechselverhältnisses von Wiederholung und Variation: Sind repetitive Gesprächsmuster gemeinschaftsstiftend oder schärfen sie Gegensätze? Ist die Wiederholung ein orientierendes Kompositionsprinzip oder wirkt sie qua Variation destabilisierend auf Redekonstellationen? Steht sie für Kontinuität und Festigung sprachlicher Ausdrucksformen oder für die Möglichkeit kreativer Erneuerung?
Der Band erforscht Wiederholung und Variation unter den Aspekten von Struktur und Funktion, von Transformation und Subversion, von Rhetorik und Ästhetik und behandelt Lehrdialoge, Rechtstexte, Erzählliteratur und Theater.
Angela Schrott / Johanna Wolf / Christine Pflüger (Hg.): Textkomplexität und Textverstehen. Studien zur Verständlichkeit von Texten. Berlin, De Gruyter 2023 (=Linguistik – Impulse – Tendenzen 106).
Textverstehen ist ein dynamischer Prozess, bei dem Leserinnen und Leser in einen Dialog mit dem Text treten. Für Disziplinen, die sich mit dem Verstehen von Texten beschäftigen, hat es sich als überaus ertragreich erwiesen, Textkomplexität als die Gesamtheit der dynamischen Interaktionen zu definieren, die entstehen, wenn die sprachlichen und kulturellen Ebenen eines Textes im Verstehensprozess aktiviert werden. Diese Aktivierungen kontextualisieren den Text in seinen sprachlichen, kulturellen und epistemischen Umfeldern und erzeugen im Prozess der Rezeption durch semantische Konstruktionen ein mentales Modell des Textes. Liegen Texte in multimodalen und multicodalen Formaten vor, dann sind die Anforderungen an die kognitive Verarbeitung zusätzlich erhöht. Diese Mehrdimensionalität des Textverstehens erfordert eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen. Der vorliegende Band entwirft daher ein Forschungsdesign, das Textlinguistik und textbasierte Didaktiken fächerübergreifend verbindet. Die Beiträge schlagen theoretische Modellierungen für eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen vor, liefern textsortenspezifische Analysemodelle und geben Anregungen aus der Praxis der Sprach- und Kulturvermittlung.
Nikola Roßbach (Hrsg.): Gotthelf Wilhelm Christoph Starke: Gemälde und andere Texte. Hannover: Wehrhahn 2023.
Gotthelf Wilhelm Christoph Starke (1762–1830), ein anhalt-bernburgischer Dichter und Theologe, galt seiner Zeit als Klassiker, ist heute jedoch nahezu unbekannt. Es lohnt, seine Gemählde aus dem häuslichen Leben und Erzählungen (1793–1804) wiederzuentdecken, mit denen er weit über die Grenzen des kleinen mitteldeutschen Fürstentums Anhalt-Bernburg hinaus bekannt, sogar ins Französische, Englische, Niederländische, Schwedische und Russische übersetzt wurde. Zunächst als Lehrer, dann als Prediger wirkend, war er ein vielseitiger Schriftsteller. Außer Erzählungen schrieb er Gedichte und Lieder, Schulschriften und Abhandlungen, Predigten, Reden und dramatische Szenen.
Der Band vereint 45 ganz unterschiedliche Texte Starkes aus den Jahren 1785 bis 1830: heiter-humorvolle und psychologisch tiefgründige Geschichten, komische Verserzählungen und Kirchenlieder, empfindsame Gedichte im Volksliedton und antikisierende Metren, poetische und programmatische Predigten, Gebete, Sprüche und Szenen. Sie geben einen Einblick in die Vielfalt seines Werks und laden zu seiner Neuentdeckung ein.
Stefanie Kreuzer (Hg.): Doris Dörrie. Kasseler Grimm-Poetikprofessur 2022. Würzburg: Königshausen & Neumann 2023.
Doris Dörrie, Grimm-Poetikprofessorin 2022, ist eine der bekanntesten und international erfolgreichsten deutschen Filmemacher:innen. Sie schreibt zudem Drehbücher, fiktionale (Erzähl-)Texte, Kinder- und Sachbücher. Viele ihrer Filme sind Beziehungskomödien, die oftmals exzentrische (Einzel-)Figuren fokussieren und gesellschaftliche Stereotypen sowie Rollenklischees, Mann-Frau-Beziehungen und Gender-Fragen humorvoll bis bissig erkunden – darunter Männer (D 1985), Erleuchtung garantiert (D 1999), Nackt (D 2002), Kirschblüten – Hanami (D 2008), Die Friseuse (D 2010) und Grüsse aus Fukushima (D 2016). Im ersten Teil des Bandes sind die GPP-Veranstaltungen mit Filmbeispielen, Publikumsgesprächen sowie Texten aus »Die Heldin reist« (2022) dokumentiert. Ein Erlebnisbericht zum Poetik-Seminar stammt von Constanze Engelhardt und Lea Vemino. Im zweiten Teil folgen Filmbeiträge – einer von Stefanie Kreuzer zu Frau Dörrie und die Gespenster (D 2022; R.: Thomas Henke) sowie einer von Jasmin Weber zu Freibad (D 2022).
Nikola Roßbach: Gotthelf Wilhelm Christoph Starke (1762–1830). Entdeckung eines großen Unbekannten. Hannover: Wehrhahn 2023.
Gotthelf Wilhelm Christoph Starke (1762–1830), Dichter und Theologe aus Anhalt-Bernburg, galt zu seiner Zeit als Klassiker. Seine Gemählde aus dem häuslichen Leben und Erzählungen machten ihn weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinweg bekannt. Dennoch geriet er als Spätaufklärer und Moralist bald in den Schatten der Literaturgeschichte – in deren Lichtkegel andere, wenige Auserwählte standen und stehen. Als Zeitgenosse Goethes, Schillers und Kants stellt Starke ein bemerkenswertes Phänomen vergessener Größe dar. Ihn wiederzuentdecken lohnt sich.
Der Bernburger Gelehrte, der die Französische Revolution von weitem und die Napoleonische Fremdherrschaft von nahem erlebte, war ein leidenschaftlicher Altphilologe und Übersetzer, ein ambitionierter und mutiger Lehrer. Als Aufklärungstheologe predigte er Toleranz und befürwortete die protestantische Union von Lutheranern und Reformierten. Mit seinen Gemählden schuf er ein ins Französische, Englische, Niederländische, Schwedische und Russische übersetztes Erzählwerk, das unverkennbar ist: als Konfiguration aus prägnanten Charakteren und plastischen Erzählräumen, aus festen Werten und subtilen Sehnsüchten, aus vordergründiger Moral und hintergründigem Humor. Er verfasste jedoch nicht nur Erzählungen, sondern auch Gedichte und Lieder, Predigten und Reden, Schulschriften und Abhandlungen sowie dramatische Szenen.
Dieses Buch unternimmt den Versuch, Starkes Leben und Werk dem kanonfixierten Vergessen zu entreißen und ihm seinen Platz in der Literaturgeschichte zurückzugeben.
Vincent Platini: Écrits fantômes. Lettres de suicides (1700-1947). Paris: éditions Verticales 2023.
Jörg Requate: Europa an der Schwelle zur Hochmoderne (1870-1890).Berlin/Boston: de Gruyter Oldenbourg 2023 (=Grundriss der Geschichte 52).
Zwischen 1870 und 1890 veränderte sich Europa signifikant: Nationalstaaten festigten sich parallel zu wachsenden globalen Verflechtungen. Wissenschaftliche Innovationen faszinierten und ängstigten zugleich. Wirtschaftliche Dynamik führte zu neuen Formen sozialer Ungleichheit. Der politische Massenmarkt brachte Partizipation, aber auch Ausgrenzung und Unterdrückung. Die Ambivalenzen der Hochmoderne nahmen unverkennbare Konturen an. Der Band führt in die Forschungsdebatten ein und enthält eine ausführliche Bibliografie.
Manuel García Serrano:El Quijote en la mudanza de la Edad Moderna (y otros ensayos filosóficos sobre ficción y narración). Kassel: Edition Reichenberger 2023 (=Problemata Literaria 100).
Patrick Eser / Jan-Henrik Witthaus (Hg.): Renaissancen des Realismus? Romanistische Beiträge zur Repräsentation sozialer Ungleichheit in Literatur und Film. Berlin/Boston: de Gruyter 2023 (=Mimesis 105).
Repräsentationen sozialer Ungleichheiten in Literatur und Film werfen die Frage auf, werwaswie darstellt – eine Problematik, die sich für Narrative, Fiktionen und Figurationen wie für die analytischen Betrachtung von Mediendarstellungen und öffentlichen Diskursen gleichermaßen stellt. Schon die traditionelle Literatur, die immer auch als ein Archiv sozialer Erfahrung aufgefasst werden kann, unterliegt stilistischen, thematischen und genretypischen Bindungen, die epochenweise unterlaufen oder konterkariert wurden. Allerdings verraten die Zugangsbedingungen zu Bildung sowie zu kanonischer Literaturproduktion und -rezeption auch in der Moderne sowie der jüngsten Gegenwart soziale Ungleichheiten.
In diesem Kontext erweisen sich einschlägige Beispiele der jüngeren Literatur- und Filmproduktion als äußerst reflektiert. Nicht nur werden Fragen von Kanonisierung oder Populärkultur aufgegriffen, auch werden neue Ausdrucksweisen erprobt und Genregrenzen ausgetestet. Zudem gehen solche Beispiele über die bloße Darstellung oder Denunziation von Armut hinaus, sie thematisieren auf einer höheren Ebene die Wahrnehmung und Bewusstwerdung von Ungleichheiten oder rekonstruieren, ja inszenieren Affektwelten, die an soziale Erfahrungen gekoppelt sind.
Sarah Glim, Anita Körner, Holden Härtl, Ralf Rummer (2023): Early ERP Indices of Gender-Biased Processing Elicited by Generic Masculine Role Nouns and the Feminine–Masculine Pair Form. Brain and Language 242.
In most gender-marked languages, the masculine form is used to refer to male people specifically as well as to people of any gender generically. This dual functionality was shown in behavioral studies to lead to male-biased mental representations. Here, using EEG, we targeted the neurophysiological basis of this bias by investigating whether and how the generic masculine influences the early perceptual and cognitive processing of anaphoric references to men and women. We found that ERP amplitudes in the P200 range were larger for references to women than to men after generic masculine role nouns, while amplitudes in the P300 range were larger for references to men than to women after the feminine-masculine pair form. These findings suggest that the generic masculine primes the perceptual system towards processing men and that neither this form nor the feminine-masculine pair form elicits gender-balanced computations during early processing in the human brain.
Claudia Gronemann/Agnieszka Komorowska (Hg.): Fe/Male Friend. Staging Gender and Friendship in Seventeenth- and Eighteenth-Century Spanish Literature. Frankfurt am Main/ Madrid: Vervuert/Iberoamericana 2023.
Holden Härtl / Marcel Schlechtweg (Hg.): Expressions of quotation: Explorations on the boundary between use and mention. Berlin/Boston: de Gruyter 2023 (=Linguistics 61/2).
Christine Pflüger / Angela Schrott / Johanna Wolf (Hg.): Textkomplexität und Textverstehen. Studien zur Verständlichkeit von Texten. Berlin/Boston: de Gruyter 2023 (= Linguistik – Impulse & Tendenzen 106).
Textverstehen ist ein dynamischer Prozess, bei dem Leserinnen und Leser in einen Dialog mit dem Text treten. Für Disziplinen, die sich mit dem Verstehen von Texten beschäftigen, hat es sich als überaus ertragreich erwiesen, Textkomplexität als die Gesamtheit der dynamischen Interaktionen zu definieren, die entstehen, wenn die sprachlichen und kulturellen Ebenen eines Textes im Verstehensprozess aktiviert werden. Diese Aktivierungen kontextualisieren den Text in seinen sprachlichen, kulturellen und epistemischen Umfeldern und erzeugen im Prozess der Rezeption durch semantische Konstruktionen ein mentales Modell des Textes. Liegen Texte in multimodalen und multicodalen Formaten vor, dann sind die Anforderungen an die kognitive Verarbeitung zusätzlich erhöht. Diese Mehrdimensionalität des Textverstehens erfordert eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen. Der vorliegende Band entwirft daher ein Forschungsdesign, das Textlinguistik und textbasierte Didaktiken fächerübergreifend verbindet. Die Beiträge schlagen theoretische Modellierungen für eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen vor, liefern textsortenspezifische Analysemodelle und geben Anregungen aus der Praxis der Sprach- und Kulturvermittlung.
Anna-Carina Meywirth: Anarchitext. Andreas Neumeisters Poetik und sein erzähltes Bauen in Könnte Köln sein. Berlin: Neofelis 2023.
Raum schaffen, ohne ihn zu bauen
Obwohl der Autor und Künstler Andreas Neumeister (*1959) mit zu den bekanntesten deutschen Popliterat*innen zählt, setzt sich dieser Band erstmals umfassend wissenschaftlich mit seinen collagenartigen Texten auseinander. Unter dem ‚Deckmantel‘ des Romans verschmelzen in Neumeisters Publikationen zahlreiche mediale Versatzstücke zu einem dichten Abbild gesellschaftlicher Gegenwart und stellen die politische Dimension alltäglicher und/oder urbaner Kulissen aus.
Seine Texte arbeiten dabei mit popästhetischen Methoden wie Montagen, Wiederholungen oder Listen, die Anna-Carina Meywirth zunächst einordnet und anschließend als Analyseschema für Neumeisters Textprodukte fruchtbar macht. Auch die Überforderung der Leser*innen durch die dichte, ‚anarchische‘ Romanform Neumeisters nimmt sie in den Blick und entwickelt ein Rezeptionskonzept, das der unkonventionellen Textform begegnet.
Anhand Neumeisters letztem Text Könnte Köln sein (2008) untersucht die Autorin exemplarisch, wie er seine popästhetische Poetik einsetzt, um Städte und Architekturen darzustellen. Die profunde, aber fragmentarisch inszenierte Auseinandersetzung des Erzählers mit den Bauwerken, die er während seiner Reisen in Städten wie München, Berlin, Moskau, New York und Los Angeles besucht, verschränkt literarische wie architektonische Expertise eng miteinander. Anarchitext zeigt, wie bei Neumeister auf literarischer Ebene Raum geschaffen wird, ohne diesen zu bauen – und folgt dabei dem Begriff der „Anarchitektur“ von Gordon Matta-Clark, der eine Verbindung von Anarchie und Architektur bezeichnet.
Einzelanalysen der Metropolen zeigen anschaulich, wie jede Stadt durch die Brille des reisenden Erzählers und durch seinen Blick hinter die Fassaden der gegenwärtigen Architekturen ein eigenes Gesicht erhält, welches sich von einer touristischen Perzeption unterscheidet. In den Vordergrund der so erzählten Stadtwahrnehmung treten (vergangene) Machtstrukturen, die im (touristischen) urbanen Alltag allzu unsichtbar bleiben.
Liliana Gómez: Archive Matter. A Camera in the Laboratory of the Modern. Zürich: diaphanes/Think Art 2023.
Questioning the United Fruit Company archive
The establishment of the United Fruit Company as a global political agent with its banana plantations met with considerable resistance. The Company’s resurgent photographic archive is at the center of this book’s considerations on the historical and political agency of photography as a field. By exploring a set of practices, institutions, and relationships, as well as the aesthetic and epistemic contexts of the images in botany, archaeology and tropical medicine, this book argues that the overlooked but important photographic archive made the expansion of corporate capitalism into the Caribbean possible. “Since photographic archives tend to suspend meaning and use; within the archive meaning exists in a state that is both residual and potential,”Allan Sekula maintains.
Reading the photographic archive against the grain, this book examines the images from within their “optical unconscious” and via the archive’s silences and omissions; as residues they attest to the (in)visibility and cultural implications of the violence of the radical man-made environmental alterations. The archive’s powerful imaginaries, envisaged as a chronotope of the eternal transition towards modernity, a promise of modernization itself, have effectively brought the Caribbean into modernity. Yet, the aftermath of the photographs helps scrutinize this modernity and recognize the violence embodied as the foundational act of the archive.
Philip Hogh / Maxi Berger (Hg.): Der Vorrang des Objekts. Negative Dialektik heute. Berlin: J.B. Metzler 2023.
Der Vorrang des Objekts ist im Werk Theodor W. Adornos ein philosophisches Leitmotiv, welches er von Beginn an und durch alle Gebiete hindurch stets von Neuem variiert. Adorno zeigt damit eine gegenüber der traditionellen Metaphysik veränderte Haltung des Subjekts zu den Objekten seiner Reflexion an, die nicht weniger sein will als die Reflexion auf den Stand der Philosophie seiner Zeit. Die Beiträge in diesem Band widmen sich nicht nur erkenntniskritischen Überlegungen, sondern auch den ästhetischen, sozialwissenschaftlichen oder anthropologischen Aspekten des Vorrangs des Objekts und unternehmen den Versuch, diese Figur im und für das postmetaphysischen Zeitalter weiterzudenken. Die Autoren*Innen teilen die Ansicht, dass es sich um eine genuin kritische Denkfigur handelt, deren Kraft darin liegt, die Aporien der menschlichen Weltverhältnisse präzise zu entwickeln, ohne sich der Versuchung hinzugeben, sie durch falsche Zäsuren oder Vereinfachungen ihrer Spitzen zu entledigen.
Kleffmann, Tom: Der Römerbrief des Paulus. Eine Interpretation in systematisch-theologischer Absicht. Tübingen: Mohr Siebeck 2022.
Das vorliegende Werk unterscheidet sich von der Fülle der exegetischen Kommentare dadurch, dass es eine systematisch orientierte Interpretation versucht. Das heißt, es werden schwerpunktmäßig die grundlegenden Verständnisprobleme des christlichen Glaubens diskutiert, die der Römerbrief entfaltet. Dazu gehören die Fragen: Was ist Sünde und inwiefern ist sie allgemein? Was bedeuten Gesetz, Gericht und Gerechtigkeit Gottes? Was besagt die Rechtfertigung des Sünders aus Gnade
und im Glauben an Christus? Wie stellt sich das neue Leben des Gerechtfertigten in der Christusgemeinschaft dar und was besagt es für das Zusammenleben der Gemeinde? Ein durchlaufendes Thema ist auch das Verständnis der Heilsgeschichte und der Bedeutung Israels darin.
Mirja Kutzer / Peter Walter (2022): Maria in Geschichte und Gegenwart. Befreiende Perspektiven auf die Mutter Jesu. Freiburg i.Br.: Herder 2022.
Eine befreite Sicht auf Maria
Gläubige Vorstellungen von Maria sind vielfach befrachtet mit Legenden und Idealen, mit Wundererwartungen und Frömmigkeitspraktiken. Längst sind auch die Ambivalenzen ihrer Stilisierung zum jungfräulichen und demütigen Vorbild, insbesondere für Frauen, deutlich. Peter Walter und Mirja Kutzer legen eine kritische, zeitgemäße Mariologie vor. Sie unterziehen die vielfältigen, an die Gestalt der Mutter Jesu angelagerten Vorstellungen einer grundlegenden Revision und eröffnen so eine befreite und befreiende Sicht auf Maria. Inspirierende Impulse für eine heutige Mariologie und ein wichtiger Beitrag zur Diskussion um die Rolle der Frau in der Kirche.
Nils Lehnert / Ina Schenker / Andreas Wicke (Hg.): Gehörte Geschichten. Phänomene des Auditiven. Berlin/Boston: de Gruyter 2022.
Mit Beiträgen an dem Band beteiligt sind aus Kassel außerdem Stefan Greif, Jan Sinning und Martin Maurach sowie ein ehemaliger Kasseler, Florian Rietz.
„Auditive Texte haben Konjunktur: Hörspiele, Lesungen, Podcasts, Audioguides und elektroakustische Experimente zeigen die Vielfalt gehörter Geschichten. Die Beiträge systematisieren die unterschiedlichen Gegenstände hinsichtlich der Genrefrage oder modellieren theoretisch-methodische Zugänge, die in konkreten Analysen medienspezifisch exemplifiziert werden. Semiotische Zugänge stehen dabei neben kulturwissenschaftlichen und didaktischen Perspektiven.“
Christine Ansari / Caroline Frank (Hg.): Narrative der Flucht. Medienwissenschaftliche und didaktische Perspektiven. Berlin: Peter Lang 2022.
„Der Band gliedert sich in die Rubriken Flucht und Theater, Flucht und Romane/Erzählungen, Flucht und Spiel-/Dokumentarfilm sowie Flucht und Comic/Graphic Novel. Er führt Forschungsbeiträge zusammen, die an der Schnittstelle zwischen Literatur-/Medienwissenschaft und Literatur-/Mediendidaktik zu verorten sind. Der Fokus der Beiträge liegt auf der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit aktuellen Narrativen zum Thema Flucht und Vertreibung, die in den letzten circa 20 Jahren erschienen sind und sich im Besonderen mit Fluchtbewegungen in europäische Länder befassen. Es werden aber auch diachrone Perspektiven eröffnet, um Fluchtbewegungen der Gegenwart in einen weiteren historischen Rahmen einordnen zu können. Während einige Beiträge explizite Vorschläge zur Anwendung im (Schul-)Unterricht machen, liefern andere durch ihre wissenschaftlichen Zugangsweisen implizite Anregungen für eine Didaktisierung.“
Unai Pascual/ Patricia Balvanera/ Christian B. Anderson et al: Diverse values of nature for sustainability. In: Nature (620), 813-823.
Twenty-five years since foundational publications on valuing ecosystem services for human well-being1,2, addressing the global biodiversity crisis3 still implies confronting barriers to incorporating nature’s diverse values into decision-making. These barriers include powerful interests supported by current norms and legal rules such as property rights, which determine whose values and which values of nature are acted on. A better understanding of how and why nature is (under)valued is more urgent than ever4. Notwithstanding agreements to incorporate nature’s values into actions, including the Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF)5 and the UN Sustainable Development Goals6, predominant environmental and development policies still prioritize a subset of values, particularly those linked to markets, and ignore other ways people relate to and benefit from nature7. Arguably, a ‘values crisis’ underpins the intertwined crises of biodiversity loss and climate change8, pandemic emergence9 and socio-environmental injustices10. On the basis of more than 50,000 scientific publications, policy documents and Indigenous and local knowledge sources, the Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) assessed knowledge on nature’s diverse values and valuation methods to gain insights into their role in policymaking and fuller integration into decisions7,11. Applying this evidence, combinations of values-centred approaches are proposed to improve valuation and address barriers to uptake, ultimately leveraging transformative changes towards more just (that is, fair treatment of people and nature, including inter- and intragenerational equity) and sustainable futures.
Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Johann Martin Lappenberg, Friedrich Lisch und Georg Waitz. Hrsg. von Berthold Friemel, Vinzenz Hoppe, Philip Kraut, Holger Ehrhardt und Roman A. Barton. Stuttgart: Hirzel 2022.
„Dieser Band dokumentiert Jacob und Wilhelm Grimms Kooperation mit drei der bedeutendsten Historiker ihrer Zeit: Johann Martin Lappenberg, Friedrich Lisch und Georg Waitz. Lappenberg, Hamburger Stadtarchivar, galt als einer der besten Spezialisten für die Geschichte der Hanse und die frühe Geschichte Englands. Wie Waitz leistete er große und bedeutende Beiträge zur Sammlung und Herausgabe der mittelalterlichen europäischen Geschichtsquellen. Lisch, Archivar in Schwerin und mecklenburgischer Altertumsforscher, korrespondierte mit den Brüdern Grimm vor allem über Vorgeschichte, Archäologie und mittelalterliche Handschriften. Spätere disziplinäre Differenzierung hat in Vergessenheit geraten lassen, in welchem Ausmaß die Brüder Grimm auch bei den damaligen Historikern anerkannt und in deren Kreis eingebunden waren, was auch in politischer Hinsicht gilt. Jacob Grimms Briefwechsel mit Waitz dokumentiert einen wesentlichen Wandel seiner politischen Meinung nach den Erfahrungen von 1848 (beide waren Abgeordnete der Nationalversammlung). Die bisher nahezu unveröffentlichten Briefwechsel werden durch detaillierte Sachkommentare erschlossen.“
Klumbies, Paul-Gerhard: Neutestamentliche Debatten von 1900 bis zur Gegenwart. Tübingen: Mohr Siebeck 2022.
„Die neutestamentlichen Debatten der zurückliegenden 125 Jahre umfassen drei Themenschwerpunkte: Sie diskutieren das Verhältnis zwischen dem antiken Weltbild und der aufgeklärten Weltsicht der Gegenwart; sie behandeln die Beziehung zwischen Jesus als historischer Persönlichkeit und der auf ihn bezogenen Christologie; und sie ringen um die Relation zwischen Judentum und Christentum.
Angesichts der Vielfalt exegetischer Detailforschung zeichnet Paul-Gerhard Klumbies die übergreifenden Gesprächsfäden in der neutestamentlichen Wissenschaft seit dem Jahr 1900 nach. Seine Rückschau zeigt, wie Denkbewegungen unter veränderten zeitgeschichtlichen Umständen fortentwickelt und in Neuformulierungen alte Themen weitergeführt worden sind. Die Auswahl der Stimmen orientiert sich daran, inwieweit die Beiträge unter theologischem Gesichtspunkt Bedeutung für die Wissenschaft vom Neuen Testament besitzen.“
Hendrick Heimböckel / Jennifer Pavlik (Hg.): Ästhetisches Verstehen und Nichtverstehen. Aktuelle Zugänge in Literatur- und Mediendidaktik. Bielefeld: transcript 2022 (=Literaturdidaktik und literarische Bildung 2).
„Verstehen und Nichtverstehen sind kulturwissenschaftliche und ideengeschichtliche Leitbegriffe. Je nach theoretischer Ausrichtung und Erkenntnisinteresse schließen sie sich aus, ergänzen sich oder bauen aufeinander auf. Während Verstehensansätze zum literaturdidaktischen Instrumentarium gehören und die Forschung zum Nichtverstehen stärker in Literatur- und Kulturwissenschaft angesiedelt ist, erkunden die vielstimmigen Perspektiven dieses Bandes, ob und inwiefern die Vermittlung von Verstehen und Nichtverstehen in literatur- und mediendidaktischen Fragestellungen möglich ist.“
Köchy, Kristian: Beseelte Tiere. Umwelten und Netzwerke der Tierpsychologie (=Cultural Animal Studies 13). Berlin: J.B. Metzler 2022.
Die Tierpsychologie ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine prominente Forschungsrichtung zwischen Biologie, Psychologie und Philosophie. Sie fragt nach psychischen Vermögen von Tieren. In essayhaften Studien zu namhaften Protagonisten werden im Buch Forschungskontexte der Tierpsychologie vorgestellt. Die ausgewählten Positionen verstehen menschliche Wahrnehmung ebenso gestalthaft wie die Forschungsgegenstände, die Tiere in ihren Umwelten. Das Buch untersucht Beziehungen von Philosophie und Wissenschaft, skizziert aber zudem eine Philosophie der Tierforschung, die die Interaktion von menschlichen und tierlichen Subjekten anerkennt.
Kreuzer, Stefanie (Hg.): Terézia Mora. Grimm-Poetikprofessur 2021. Würzburg: Königshausen & Neumann 2022.
Es handelt sich um den dritten Band in der Grimm-Poetikprofessur-Publikationsreihe bei Königshausen & Neumann, herausgegeben von Stefanie Kreuzer.
Außer ihr haben aus Kassel Caroline Frank und Karin Terborg Aufsätze zu dem Band beigetragen. Zusätzlich haben Kasseler Studierende kurze literarische Texte in Form sogenannter „Minutennovellen“ beigesteuert: Christoph Diehl, Sarah Engelhard, Nelli Fust, Vanessa Möller, Flora Saß, Svenja Schmidt, Antonin Steinke, Lea Vemino und Julia Wienczkewicz.
„Terézia Mora, Grimm-Poetikprofessorin 2021, ist eine nicht nur im deutschen Sprachraum höchst geehrte Gegenwartsautorin, Übersetzerin und Büchner-Preisträgerin. Sprachlich mit Stimmenvielfalt, Erzähl- und Wahrnehmungsperspektiven experimentierend durchbricht sie gängige Erzähltraditionen. Bisher liegen von ihr zwei Erzählbände Seltsame Materie (1999) und Die Liebe unter Aliens (2016) vor sowie der Roman Alle Tage (2004) und die Romantrilogie um den IT-Spezialisten Darius Kopp – Der einzige Mann auf dem Kontinent (2009), Das Ungeheuer (2013) und Auf dem Seil (2019). Die Dokumentation der digitalen GPP-Veranstaltungen umfasst auch Filmscript und Making-of zum Begleitfilm SIE SAGEN IMMER TERÉZIA MORA (D 2021; R.: Thomas Henke). Neben Forschungsbeiträgen von Caroline Frank und Karin Terborg ist zudem ein als Hörstück bearbeiteter Briefwechsel zwischen Terézia Mora und dem Schriftsteller Andreas Jungwirth zur Zeit der Corona- Pandemie integriert.“
Stederoth, Dirk: Reale Avatare. Zur Versponnenheit des Menschen in der Netzkultur. Berlin: J.B. Metzler 2022.
„Die rasanten technischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erwecken den Eindruck, als sei die Menschheit im Begriff, in ein radikal neues, ein Digitalzeitalter einzutreten. In diesem Buch wird gezeigt, dass vieles daran so neu nicht ist, wie es zunächst scheint. Mit der Digitalisierung realisiert sich vielmehr ein schon in der frühen Neuzeit keimender Traum einer universellen Quantifizierung und Metrisierung – und das in allen gesellschaftlichen Bereichen: so in der Ökonomie, der Verwaltung, der Öffentlichkeit, der Bildung bis hin zur Politik.
Die Frage, inwieweit sich diese universellen Quantifizierungen und Metrisierungen in das Selbstverständnis der Menschen einschreiben und diese hiermit fortschreitend zu Abbildern der digitalen Strukturen machen (reale Avatare), stellt sich das Buch ebenso wie es Faktoren aufweist, die sich gegen eine solche digitale Eingemeindung des Menschen sperren.“
Sezi, Murat: China Miéville, Terry Pratchett, Kazuo Ishiguro and the Ambivalence of Knowing: An Analytical Model for the Representation of Knowledge in Fantasy Literature. Trier: WVT 2022.
The guiding question of this study is how the theme of knowledge is realized in the genre of fantasy. Drawing from the research fields of literature and knowledge, theory of fantasy, narratology, and memory/orality studies, China Miéville, Terry Pratchett, Kazuo Ishiguro and the Ambivalence of Knowing: An Analytical Model for the Representation of Knowledge in Fantasy Literature furthermore investigates how societal struggles over knowledge are negotiated in contemporary fantasy literature, with specific foci on the depiction of technology and risk in China Miéville's The Scar, culture and identity in Terry Pratchett's Nation, and memory and repression in Kazuo Ishiguro's The Buried Giant.
The study finds that while the worldviews the novels espouse with regard to their attitude to knowledge differ considerably, they all contain the general notion that knowledge can be dangerous, in that the discovery or revelation of hitherto secret knowledge threatens the stability of the society itself or the personhood of individuals. Knowledge conflicts are staged by means of contrasting worldviews, which are realized through the novels' character systems. This particularly pertains to the questions of whether it is better to remember or to forget, and whether the old or the new society is to be preferred.
Joseph Conrad, Lord Jim. Hrsg. Daniel Göske, übers. Michael Walter. München: Hanser, 2022.
Joseph Conrads berühmtester Roman „Lord Jim“: eine mitreißende Abenteuererzählung, ein Klassiker. Aufbereitet in 640 Seiten, 100 davon Apparat.
Raoul Schrott hat das Buch im SRF-Literaturclub thematisiert:
https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:18244b6f-2c63-443e-b21d-ada569ea2186
Stefanie Jakobi/Julian Osthues/Jennifer Pavlik (Hg.): Adoleszenz und Alterität. Aktuelle Perspektiven der interkulturellen Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik. Bielefeld: transcript 2022.
Die Auseinandersetzung mit literarisch inszenierter Adoleszenz hat sich insbesondere seit der Jahrtausendwende zu einem produktiven Arbeitsfeld der Literaturwissenschaft entwickelt. Vor allem Kinder- und Jugendliteraturforschung sowie Literaturdidaktik haben davon profitiert. Doch wie hängen Adoleszenz und Alterität zusammen? Die Beiträger*innen erarbeiten anhand von exemplarischen literatur- und medienwissenschaftlichen Analysen Anknüpfungspunkte zwischen Adoleszenz und interkulturellen sowie postkolonialen Fragestellungen und greifen aktuelle Themen wie z.B. Flucht, Migration, Rassismus oder (post-)koloniale Erfahrungen auf. Dabei werden auch didaktische Überlegungen im Sinne eines rassismussensiblen, interkulturellen Unterrichts in den Fokus gerückt.
Platini, Vincent: Démons du crime. Les pouvoirs du truand dans l’entre-deux-guerres. Paris: Classiques Garnier 2022.
Durant l’entre-deux-guerres apparaissent dans la littérature des figures de truands ambiguës. Cet ouvrage examine les discours à l’œuvre dans la construction de personnages qui transgressent une norme de vie. Le public se réapproprie ces figures et en fait les vecteurs de nouvelles pratiques culturelles.
Holden Härtl: „Syntax des Englischen.“ In: Linguistik im Sprachvergleich. Germanistik – Romanistik – Anglistik. Hrsg. von Ralf Klabunde, Wiltrud Mihatsch & Stefanie Dipper. Berlin: Springer 2022, S. 155-187.
„Dieses Lehrbuch führt aus einer komparatistischen Perspektive in die linguistische Beschreibung und Analyse des Deutschen, Englischen, Französischen, Italienischen und Spanischen ein. Die charakteristischen Lauteigenschaften, Flexionsmerkmale und Wortbildungsprozesse sowie der diesen Sprachen eigene Satzbau werden vorgestellt. Eigene Kapitel widmen sich den historischen Entwicklungen dieser Sprachen sowie den sozial und geographisch geprägten Varietäten, so dass eine umfassende Darstellung dieser fünf Sprachen, ihrer Strukturen, ihres Gebrauchs und ihrer historischen Entwicklung entsteht. Zwei Kapitel zur Semantik und Pragmatik, die universelle Aspekte der Bedeutungsanalyse bzw. der Prinzipien des Sprachgebrauchs erläutern, runden das Bild ab. – Im zweifarbigen Layout mit Definitionen, Vertiefungen und Übungsaufgaben.“
Annegret Reese-Schnitker/Daniel Bertram/Dominic Fröhle (Hg.): Gespräche im Religionsunterricht. Einblick – Einsichten – Potenziale. Stuttgart: W. Kohlhammer 2022.
„Gesprächen wird im Religionsunterricht viel zugetraut. Um ihr Potenzial zu nutzen, müssen sie evoziert werden; weiter gilt es, auf SchülerInnenfragen einzugehen, SchülerInnen miteinander in Austausch zu bringen und einen für alle bereichernden Lernprozess zu durchlaufen. Zuerst werden konzeptionelle Fragen zu Gesprächen bearbeitet: Ihre Bedeutung für die Unterrichtsdramaturgie und für religiöse Sprachbildung, kommunikative Methoden u. a. Danach werden Ergebnisse einer ausführlichen Videostudie vorgestellt: Was für Gesprächstypen sind im Unterricht vorzufinden? Welchen Beitrag zum (religiösen) Lernen leisten diese tatsächlich? Welche Schlussfolgerungen für eine bessere Praxis können daraus gezogen werden?“
Tobias Jammerthal, David Burkhart Janssen, Jonathan Reinert, Susanne Schuster: Methodik der Kirchengeschichte. Ein Lehrbuch. Tübingen 2022.
„Zum Studium der Theologie gehört historisches Arbeiten essenziell dazu. Dieses praxiserprobte Lehrbuch führt auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand in die Methodik kirchengeschichtlichen Arbeitens ein. Es bietet eine grundlegende Orientierung und begleitet in Verbindung mit einer zugehörigen Website Studium und Lehre vom Proseminar bis zum Examen.“
Finkbeiner, Claudia (Hg.) in Zusammenarbeit mit Hesse, Yvonne: Erzählen und Zuhören: Generationentandems (Eine Dokumentation). Berlin: Edition 7 2021.
"Biografische Ereignisse und Lebensgeschichten stehen im Zentrum dieses Bandes, welche durch Gespräche zwischen Studierenden der Universität Kassel und Seniorinnen und Senioren in Generationentandems erinnert, aus einer neuen Perspektive heraus erzählt und rekonstruiert werden. Mit ihren Berichten aus unterschiedlichsten geografischen, sozio-kulturellen und zeithistorischen Perspektiven geben Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ihrer Stimme Nachdruck und tragen zum kollektiven Gedächtnis bei. Dabei entsteht ein mehrperspektivisches Bild einer Kriegs- und Nachkriegsgeneration, welches zum Nachdenken über die eigene Identität anregt und die Seele berührt.
Dieses universitäre Projekt findet seinen strukturellen Rahmen in dem mannigfach international erprobten und erforschten Ansatz der ABCs of Cultural Understanding and Communication. Dieser wird in vielfältigen Adaptionen seit mehreren Jahren in die universitäre Forschung und Lehre sowie in die Zivilgesellschaft implementiert und ermöglicht die Entfaltung von Lernpotentialen zur Anregung und Weiterentwicklung kultureller Verstehensprozesse."
Das Projekt wurde gefördert im Rahmen von PRONET (Professionalisierung durch Vernetzung) der Universität Kassel von 2015 bis 2018 mit dem Projekt P 5 „Verzahnung der Studienwerkstätten“ und dem Projekt P 9 „Mehrsprachigkeits- potentiale im bilingualen Sachfachunterricht" sowie im Rahmen von PRONET2 von 2019 bis 2023 mit dem Projekt P9 „Mehrsprachigkeitsbezogenes Lehrerhandeln im bilingualen Sachfachunterricht: Professionalisierung angehender und aktiver Lehrkräfte“, welches unter dem Förderkennzeichen 01JA1805 im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert wird (www.qualitaetsoffensive-lehrerbildung.de). Einige Studierende führten ihre Interviews mit Seniorinnen und Senioren im Ausland durch und wurden mit Reisestipendien im Rahmen von Shosta gefördert. Darüber hinaus besteht eine direkte Verbindung zum Projekt P 5, das von 2019 bis 2023 in PRONET2 fortgesetzt wird mit dem Thema „Verzahnung und Weiterentwicklung der Studienwerkstätten zu Lehr-Lern-Laboren“.
Susanne Bach/Klaus Isele (Hg.): Im ewigen Eis der Arktis. Alte Expeditionsberichte und Fotos. Eggingen 2021.
Aus dem Vorwort:
Die bizarre Schönheit, aber auch die Gefahren der Arktis in alten Expeditionsberichten von Polarforschern aufscheinen zu lassen, ist die Intention dieser bebilderten Anthologie. Die historisch bedeutsamsten Überlieferungen wurden in einem Zeitraum von knapp 150 Jahren verfasst, etwa von 1830-1970; davor ist die Quellenlage dürftig, danach ufern die Berichte aus, ohne einen wesentlichen Erkenntniszugewinn zu bieten. In den erwähnten eineinhalb Jahrhunderten wurden in der Arktis Entdeckungen gemacht und historische Leistungen erbracht, auf welche die Menschheit lange gewartet hatte: Nach vielen hundert Jahren der vergeblichen Suche wurden die Nordwest- und die Nordostpassage entdeckt und durchfahren. Und der Nordpol, um den sich viele skurrile Mythen rankten, wurde endlich vom Menschen erreicht. Wer ihn nun genau entdeckte, darum ranken sich ebenso viele Mythen: Waren die dort ansässigen Inuit? Waren es Robert Edwin Peary oder Frederick Cook, wie sie selbst behaupteten, aber nicht belegen konnten? Waren es Frederick Cook oder Richard Evelyn Byrd, der ihn mit seinem Fokker-Eindecker überflogen haben will?
Belegt sind jedoch die Hilfsmittel, mit denen diese kühnen Männer sich dem nördlichsten Punkt der Erde näherten. Wider Erwarten waren es zunächst technische Hilfsmittel wie Luftschiffe, Eisbrecher oder U-Boote, die den Nordpol überhaupt erreichbar machten; dann erst, überraschenderweise, der Hundeschlitten. Erst 1968 sollte der Amerikaner Ralph Plaisted für sich in Anspruch nehmen können, nachweislich der erste Mann am Nordpol zu sein, der dieses in jeder Hinsicht extreme Ziel auf dem Weg über das Eis erreichte.
Das alles beherrschende Element in der Arktis ist das Eis in seinen vielfältigen Erscheinungsformen. Schiffe froren bei widrigen Verhältnissen an Ort und Stelle ein, wurden langsam zerquetscht und gingen unter. Nicht wenige der hier versammelten Berichte erzählen von den Schrecken des Eises und der Finsternis. Die langen, bitter kalten, stockdunklen Winter, in denen die Mannschaft wenig Beschäftigung und Bewegung hatte, zehrte immens an Nerven und Gesundheit. Traditionell stammen Expeditionsberichte aus der Arktis überwiegend aus norwegischen, englischen, schwedischen und dänischen Quellen. Man hätte als Herausgeber leicht die fünf- oder zehnfache Menge an Texten zusammentragen können. Vielleicht sogar zusammentragen müssen, um der Komplexität des Themas gerecht zu werden. Weil das aus Platzgründen aber nicht möglich war, wurden repräsentative Expeditionsberichte ausgewählt – in Hinblick auf das deutschsprachige Lesepublikum schwerpunktmäßig Schilderungen von deutschen, österreichischen und schweizerischen Polarforschern.
„Nur Ruhe ist da und Frieden und Freiheit.“
―Roald Amundsen
Karin Aguado/Kathrin Siebold (Hg.): Unterrichtsinteraktion - Begriffe, Kontexte, Entwicklungen. ZIAF Bd. 1 Nr. 1 (2021). Marburg.
Die Zeitschrift für Interaktionsforschung in DaFZ (ZIAF) richtet sich an Forschende, Lehrende und Studierende im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und bietet eine internationale Plattform für den wissenschaftlichen Austausch zum Thema „Interaktion im Fremd- und Zweitsprachenerwerb“.
Die ZIAF ist eine Open Access-Publikation, die mit Unterstützung der Universitätsbibliothek Marburg über das Programm Open Journal System (OJS) betrieben wird. Die Veröffentlichung und der Abruf der Beiträge sind kostenfrei. Die Herausgeber*innen verfolgen damit das Ziel, allen am Thema „Interaktion im DaFZ-Kontext“ Interessierten einen direkten und schnellen Zugang zu neuesten Entwicklungen in der DaFZ-bezogenen Interaktionsforschung zu gewähren und ihnen somit die unmittelbare Beteiligung am internationalen wissenschaftlichen Austausch zu ermöglichen.
Neben konventionellen Aufsätzen sind auch innovative Publikationsformate wie Texte mit digitalen Fußnoten (zu zusätzlichen Text-/Audio-/Video-Daten gelangen, z.B. Text analysierte videographierte Unterrichtssequenzen umfassen) oder Video-Beiträge willkommen.
Pfannkuche, Walter: Die Legitimität von Zwang. Versuch über den Zusammenhang von Recht und Moral. Paderborn: Brill mentis 2021.
Der in den modernen Gesellschaften ausgeprägte moralische Pluralismus macht es zunehmend schwieriger, das geltende Recht gegenüber allen Rechtsunterworfenen als legitim zu erweisen.
Das Buch untersucht, mit welchen Argumentationsformen die Anhänger unterschiedlicher Moralen einander von der Akzeptabilität eines bestimmten rechtlichen Rahmens überzeugen können. Dazu gehört die Verständigung auf eine Verfassung, die einen elementaren Schutz garantiert und Prozeduren für die Lösung von normativen Konflikten festlegt. Zudem wird deutlich, dass ein modernes Recht nur noch legitim sein kann, wenn es die Gefahr einer Tyrannei der Mehrheit mindert, indem es Möglichkeiten zur Regionalisierung des Rechts sowie zur Sezession bietet.
Mit der abschließenden Analyse der Toleranz als einer dem Legitimitätskonzept angepassten Tugend wird eine zentrale Anforderung an die Bürger moderner Staaten präzisiert.
Angela Oster/Jan-Henrik Witthaus (Hg.): Pandemie und Literatur. Wien: Mandelbaum 2021.
Alle Welt spricht von Corona. Die Literatur schrieb immer schon über Pandemien. Boccaccios und Manzonis Pestbeschreibungen im Decameron und in Die Verlobten zählen zum kollektiven Gedächtnis Europas, und so hat man sie als Lockdown-Lektüre empfohlen. In einer Sammlung von Essays werden diese und andere Texte unter dem Eindruck der gegenwärtigen Covid-19-Krise neu gelesen. Dabei zeigt sich, dass diese Erzähltexte erstaunlich aktuell sind, erkennt man doch gegenwärtig dank Manzoni, Heine und Co. eine gespenstische Wiederkehr lang bekannter Reaktionsmuster. Es zeigt sich jedoch ebenso, dass Texte wie Camus’ Die Pest zu einer tieferen philosophischen Betrachtung einladen, die den aktuellen europäischen Krisendiskurs unterläuft. Als unverzichtbarer Zeitraffer von Krisen zeigt uns Erzählliteratur, was wirklich überlebensnotwendig ist: die Kreativität. Und die aktuellen Corona-Debatten in Italien oder Frankreich – hierzu weitere Essays – zeugen von Reflexionen sozialer oder weltanschaulicher Art, die einen Horizont jenseits der bloßen Hypnose durch Nachrichten und Inzidenzen andeuten.
Iris Meinen / Nils Lehnert (Hg.): Öffnung – Schließung – Übertritte. Körperbilder in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Bielefeld: transcript 2021.
Texte der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur konfrontieren Rezipienten und Rezipientinnen mit Körperbildern, die entlang vielfältiger Formen der Ex- und Inklusion sowie Transgression gezeichnet werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Autoren und Autorinnen wie Benjamin von Stuckrad-Barre, Sibylle Berg, Clemens J. Setz, Charlotte Roche, Jonas Lüscher und Daniel Kehlmann. Die Beiträger und Beiträgerinnen des Bandes zeigen, wie sie Körper entwerfen, die kontrastiv zum ideal-schönen Körperbild der Konsum- und Warenwelt unserer Gegenwart stehen und mittels der Operationen ›Öffnung‹, ›Schließung‹ und ›Übertritt‹ die Frage nach Körpergrenzen neu verhandeln.
Kreuzer, Stefanie (Hg.): FilmZeit – Zeitdimensionen des Films. Marburg: Schüren 2021.
Das Phänomen Zeit spiegelt sich im Film sowie in der Filmgeschichte in sehr unterschiedlichen und vielfältigen Erscheinungsweisen wider. Grundsätzlich kann jedoch heuristisch differenziert werden nach Zeit-Aspekten der histoire, auf der Handlungsebene, und Zeit-Aspekten des discours, auf der Darstellungsebene – oder anders ausgedrückt: Die Konstellation von Film und Zeit bezieht sich sowohl auf die Zeit im Film als auch auf die Zeit des Films, also die Filmzeit. Das titelgebende Kompositum des vorliegenden Bandes zur FilmZeit ist als ein Neologismus zu verstehen, der beide Zeitdimensionen des Films umfasst. Auf diese Weise beschreibt FilmZeit zum einen sämtliche Zeitlichkeitsphänomene im Film, zum anderen ist FilmZeit speziell auf kinematografische Eigenzeit(lichkeit)en zu beziehen.
Beiträge von Andreas Becker, Matthias Brütsch, Susanne Kaul, Julia Eckel, Henry Keazor, Thomas Köhler, Lucia Krämer, Stefanie Kreuzer, Markus Kuhn, Susanne Marschall, Jörg Schweinitz, Stefan Tetzlaff, Birk Weiberg, Hans Jürgen Wulff und Sabine Zubarik.
Óscar Loureda/Angela Schrott (Hg.): Manual de lingüística del hablar [= Manuals of Romance Linguistics 28. Berlin/Boston: De Gruyter 2021.
“The Manual presents the state of the art of the research about discourse and communication within the Romance languages. It offers introductory articles which explain in a simple and clear way the current research topics of a broad variety of disciplines like Linguistics, Pragmatics, Discourse Analysis, Communication Theory, Text Linguistics and Philology.
The authors of the Manual collectively explain complex theoretical problems concerning communication and discourse, and texts as its products. The contrastive descriptions contain examples in different Romance languages which show the outreach of the theoretical approaches and address a public with interests in a variety of disciplines and languages. Furthermore, it shows possibilities of application and transfer of the research about communication in different professional contexts.”
Tom Kleffmann: Kleine Summe der Theologie. Tübingen: Mohr Siebeck 2021.
„In dieser Studie entfaltet Tom Kleffmann den gedanklichen Grundzusammenhang des christlichen Glaubens als eine Theologie der Kommunikation. Er begründet die Relevanz der Rede von Gott und erörtert die Frage, was eine Offenbarung Gottes heißen kann. Zudem bestimmt er den Sinn von Glauben, die Vernunft des Glaubens und die Aufgabe der Theologie. Die materiale Ausführung beginnt er mit der christlichen Auffassung des unwahren Lebens und findet die Mitte im Gedanken der Offenbarung Gottes als Mensch, die die Gottesgemeinschaft begründet. Es folgen das christliche Verständnis der Welt als Äußerung Gottes, das auch das Verhältnis von Schöpfungsglauben und Naturwissenschaft reflektieren muss, sowie der vom Geist jener Gemeinschaft ausgehende Gedanke des wahren Lebens und seiner Ewigkeit. Im Schlussteil versucht der Autor, die Antwort auf die Frage »wer ist Gott« zu geben und fasst sie im Gedanken des dreieinigen Lebens Gottes zusammen.“
Fohr, Tanja: „Kunst erleben mit der Applikation Actionbound: Chancen und Grenzen eines digitalen Lernarrangements für DaFZ-Lernende im Kunstmuseum.“ In: Sprache, Kulturen, Identitäten: Umbrüche durch Digitalisierung. [= BFF 16] Hrsg. von Maria Eisenmann und Jeanin Steinbock. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2021.
In diesem Beitrag geht es um Kunst und die sprachsensible und digitale Unterstützung von Rezeptionsprozessen am außerschulischen Lernort „Neue Galerie“ in Kassel. Die Autorin geht in ihrer Untersuchung der Frage nach, ob und inwieweit das Smartphone während des Museumsbesuches dazu genutzt werden kann, die Annäherung an Kunstwerke zu unterstützen und die notwendigen sprachlichen Mittel für eine selbstständige und kreative Auseinandersetzung bereitzustellen. Ausgehend von der Darstellung und Analyse ausgewählter Ergebnisse können die Lernmöglichkeiten, aber auch die Grenzen eines digitalen Lernarrangements mit der Applikation Actionbound aufgezeigt werden.
Fohr, Tanja: Integrierte Sprachbildung im Fach Kunst. Eine Studie zur Sekundarstufe I, Klasse 5 [= DaZ-Forschung 21]. Berlin: De Gruyter Mouton 2021.
In dieser Untersuchung zur „Integrierte Sprachbildung im Fach Kunst. Eine Studie zur Sekundarstufe I, Klasse 5.“ geht die Autorin in Bezug auf die aktuelle Diskussion um Sprachbildung und sprachsensiblen Fachunterricht der Frage nach, welchen Beitrag das Fach Kunst zum Aufbau von Bildkompetenzen und den damit verbundenen sprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler leisten kann und sollte.
Sie diskutiert, wie ausgewählte aktuelle Sprachbildungsansätze mit bestehenden kunstpädagogischen Vorgaben zu vereinbaren sind. Grundlage für die qualitative Unterrichtsforschung zur integrierten Sprachbildung im Kunstunterricht ist eine zwei Schuljahre umfassende Pilot- und Hauptstudie, die Fünftklässler im Alter von 10 bis 12 Jahren mit sprachlichem Förderbedarf in den Fokus nimmt.
Jan Knobloch/Antonio Lucci (Hg.): Gegen das Leben, gegen die Welt, gegen mich selbst. Figuren der Negativität. Heidelberg: Winter 2021.
Der Band, der auf eine Tagung am IFK Wien zurückgeht, versammelt Beiträge aus Philosophie, Literatur-, Religions- und Kulturwissenschaft, um der Frage der Negativität systematisch sowie in begriffs- und sachgeschichtlicher Hinsicht nachzugehen. Neu ist dabei der Ansatz, den Negativitätsbegriff gezielt zu pluralisieren: einerseits durch Herauslösung aus seiner Bindung an (nach-)hegelianische Lesarten, andererseits durch Konkretisierung. Dies bedeutet, Negativität in ihre diskursiven, medialen und kulturellen Kontexte einzuordnen, sie an Beispielen zu veranschaulichen sowie theoretische Positionen in Bezug zu kulturellen Artefakten zu setzen. In den Blick rücken so nicht nur Texte, sondern auch Figuren, Narrative, Bilder und Praktiken, in denen sich Negativität manifestiert.
Stefan Greif/Turgay Kurultay/Nikola Roßbach (Hg.): Kein Ende des Gerüchts. Antisemitismus in Kultur und Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts [= Intervalle 15]. Kassel: university press 2020.
Wie die jüngsten Anschläge auf jüdische Einrichtungen und Personen zeigen, grassiert in Deutschland immer noch und sogar verstärkt das unsägliche ‚Gerücht über die Juden‘, die vermeintlich den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören und die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Verbreitet werden solche Hassbotschaften unter anderem mittels rechter Verschwörungstheorien, die eine dumpfe Wut auf vermeintlich dunkle Machenschaften demokratischer Staaten schüren, gleichzeitig aber auch eine Angstkommunikation reaktivieren, die nach autoritärer Führung verlangt. Von der These ausgehend, dass der aktuelle Judenhass nicht nur uralte Vorurteile tradiert, sondern aggressiv die aufklärenden Antworten auf antisemitische Stereotype zu widerlegen versucht, widmen sich die hier versammelten Aufsätze aus Literaturwissenschaft, Philosophie und Geschichtswissenschaft der Frage, wie sich die Diffamierung des ‚Jüdischen‘ historisch entwickeln konnte, wie antisemitische Verfolgung literarisch bezeugt wurde und mit welchen Argumenten die neuen Sagbarkeitsdebatten im Kontext des Antisemitismus geführt werden. Das Spektrum des untersuchten Materials reicht dabei von den berüchtigten Protokollen der Weisen von Zion über die literarische Gestaltung von Zeitzeugenschaft im Angesicht der Schoah bis hin zu Antisemitismus und Antisemitismuskritik in Kultur, Medien und Musik der Gegenwart.
„Literatur aus Kassel für Kassel“ ist ein Zuhause-Projekt. Wir verschenken Lese-Zeit – ohne technische Studiobedingungen. Zum Schmökern empfehlen wir Ihnen außerdem das Kleine Kasseler Literatur-Lexikon. Autorinnen und Autoren (Wehrhahn Verlag Hannover, 2018) mit seinen über 450 Artikeln.
Das Projekt „Literatur aus Kassel für Kassel: Online-Lesungen“ ist eine Zusammenarbeit von Universität Kassel (Prof. Dr. Nikola Roßbach) und Stadtbibliothek Kassel.
Es lesen für Sie: Jessica Bauer, Friedrich Block, Thomas Bündgen, Raphael Döhn, Holger Ehrhardt, Andreas Gebhardt, Stefan Greif, Hans Grote, Matthias Henke, Michael Kelbling, Maria Knissel, Sabine Köttelwesch, Dietfrid Krause-Vilmar, Stefanie Kreuzer, Urania Milevski, Hartmut Müller, Ilse Müllner, Sophia Nordheim, Thorwald Proll, Nikola Roßbach, Eva Schulz-Jander, Andreas Wicke, Marlis Wilde-Stockmeyer und Kerstin Wolff.
Wir danken allen Mitlesenden für ihr Engagement. Ganz besonderer Dank gilt Andreas Wicke nicht nur für Lese-, sondern auch technische Unterstützung. Und schließlich wäre ohne die Hilfe unseres Kollegen und IT-Experten Oliver Schuster Einiges nicht möglich gewesen.
Für die digitalen Lesungen von Gegenwartsliteratur erteilten die Autorinnen und Autoren die Genehmigungen und gestatteten die Veröffentlichung auf den Internetseiten der Stadt Kassel.
Zu den aktuellen Texten von Maria Knissel, Thorwald Proll und Friedrich Block werden die genauen Quellen angegeben – mit Einladung zum Weiterlesen.
Martin Böhnert: Methodologische Signaturen. Ein philosophischer Versuch zur Systematisierung der empirischen Erforschung des Geistes von Tieren. Paderborn: mentis 2020.
Wie wissen wir, ob Tiere denken können? In Erweiterung der bisherigen Debatte um Mensch-Tier-Verhältnisse analysiert dieser Band die Bedingungen und Kontexte der naturwissenschaftlichen Gewinnung unseres Wissens von Tieren.
Die aktuellen Diskussionen innerhalb der Tierphilosophie drehen sich um die drei zentralen Fragen, ob wir Tieren einen Geist zuschreiben können, worin der Unterschied zwischen Menschen und Tieren besteht und wie sich Menschen gegenüber Tieren verhalten sollen. Unser Wissen über Tiere ist meist von der empirischen Forschung übernommen. Die Methoden, Theorien und Kontexte der empirischen Forschung wurden bislang nicht zum Gegenstand gemacht. Diese Lücke will der Band mit dem zentralen Konzept der methodologischen Signaturen schließen, das den systematischen Vergleich von Forschungsansätzen anhand deren fundamentalen methodologischen, ontologischen und epistemologischen Vorannahmen erlaubt.
Dagobert Höllein/Nils Lehnert/Felix Woitkowski (Hg.): Rap – Text – Analyse. Deutschsprachiger Rap seit 2000. 20 Einzeltextanalysen. Bielefeld: transcript 2020.
Rap ist zuletzt vor allem negativ in die Schlagzeilen geraten. Antisemitismus, Sexismus und Homophobie dominieren nicht ohne Grund die mediale Berichterstattung, wie die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen. Damit ist der deutschsprachige Rap aber nicht abschließend erfasst. Längst ist die Musikrichtung kein Nischenphänomen mehr, sondern die Rap-Szene zeichnet sich durch vielfältige Formen, Stile und Haltungen aus. Der Sammelband widmet sich deutschsprachigem Rap seit 2000 und legt den Fokus erstmals auf Einzeltextanalysen, die sich diesem Musikgenre und seinen Künstler*innen multiperspektivisch und -disziplinär annähern.
Der herausgegebene Sammelband von Dagobert Höllein, Nils Lehnert und Felix Woitkowski wurde am 27.02.2020 im Deutschlandfunk Kultur präsentiert.