Was mich antreibt – Nina Reinhardt
Nina Reinhardt (29) Lügen in romantischen Beziehungen
„Das Essen schmeckt heute besonders gut!“ Sätze wie diesen kennen wir wohl alle, und ob er nun wahr ist oder nicht – ein Lob gibt uns ein gutes Gefühl. Lügen, egal ob in romantischen oder in engen freundschaftlichen Beziehungen, sind also nichts Abstraktes. Sie lassen sich im echten Leben beobachten und sind ein wichtiger Aspekt unseres Zusammenlebens. Meine Promotion bringt etablierte Befunde der Forschung zum menschlichen Lügen in den Beziehungskontext. Anhand von Self-Report-Fragebögen, die von Menschen in etablierten Beziehungen beantwortet werden, lassen sich gewisse Verhaltensmuster erkennen. Wobei Aussagen, die Menschen über sich selbst tätigen, immer ein wenig verzerrt sein können, da niemand sich selbst schlecht darstellen will. Im (Online-)Dating-Kontext ist es vor allem wichtig, die potenziellen Partnerinnen und Partner von sich zu überzeugen, wobei es oft zu sogenannten „Impression-Management-Lügen“ kommt. Die Lügen unterscheiden sich darin, dass Männer z.B. tendenziell bei Gehalt, Status und Größe lügen und Frauen sich tendenziell etwas dünner und jünger machen. Hier werden also eindeutig Stereotype bedient. In bestehenden Beziehungen wissen beide Partner viel mehr übereinander, weswegen sich die Art der Lüge verändert. Je enger die Beziehung ist, desto eher kommt es zu „Other-Oriented-Lügen“, die sogar einen positiven Effekt haben können. Wenn man z.B. das Essen des Partners lobt, obwohl es einem nicht geschmeckt hat, kann man Streit vermeiden, was zu beidseitiger Zufriedenheit führt. Es scheint paradox, aber Lügen (die niemandem schaden) können positiv auf Beziehungen wirken. Studien zeigen, dass wir in romantischen Beziehungen ein bis drei Mal pro Tag lügen. Das ist interessant, da viele Menschen von sich selbst sagen würden, dass ihnen Ehrlichkeit wichtig ist. Die absolute Ehrlichkeit würde an einigen Stellen zu Unzufriedenheit und Streit führen, obwohl allgemein angenommen wird, dass eher die Lügen Streit auslösen. Wenn wir also ehrlich zu uns selbst sind, stellen wir fest, dass manche Lügen soziale Interaktionen auch positiv beeinflussen.
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2022/2. Protokoll: Sofie Althoff