Was mich antreibt: Der Einfluss der 68er auf Kunst-Ausstellungen
Wie veränderten sich Dauerausstellungen für Kunst im Kontext der 68er-Bewegung? Drei neuartige Faktoren in der damaligen Ausstellungspraxis verfolge ich derzeit in meiner Forschung: Ich thematisiere die Pädagogisierung des Museumsbetriebs, stelle dar, wie Dauerausstelllungen als Ort kritischer Diskussion genutzt wurden, und frage, wie die Alltagswelt der neu entstehenden Konsumgesellschaft die Präsentation von Kunst beeinflusste.
Noch bis in die 1960er Jahre hinein hat man Kunst mit wenig Informationen und sehr objektorientiert ausgestellt. Museumsräume waren unter ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet und hatten kontemplativen Charakter. Die Devise lautete: „Wir stellen die Kunst aus, wie sie ist, und so repräsentiert sie die Kunstgeschichte.“ Welchen großen Einfluss Ausstellungsdesigns jedoch darauf haben, wie wir Kunst wahrnehmen und einordnen, hat man dann neu erkannt und diskutiert.
Um 1970 – und das ist der Dreh- und Angelpunkt meiner Forschung – gab es eine große Museumskrise, in der die alte Ausstellungspraxis infrage gestellt wurde. Kunst sollte ab jetzt nicht mehr gefällig präsentiert werden, sondern eine Funktion erhalten, die über das rein Ästhetische hinausgeht. Man formulierte verschiedene Ansprüche: Kunst als politisches Instrument etwa, um die Menschen zu emanzipieren. Das Ausstellungsdesign und die Informationen zu Kunstwerken sollten zur kritischen Auseinandersetzung anregen und einen Bildungsauftrag erfüllen. Man wollte das Museumspublikum verbreitern und Schwellen abbauen. Kunst sollte endlich für alle Menschen verständlich werden und als Instrument in die Mitte der Gesellschaft rücken. Wie dies diskutiert und dann konkret in der Präsentation von Kunst umgesetzt wurde, ist die Kernfrage meiner Forschung.
Welche dieser Ansätze sich dauerhaft gehalten haben und wo es einen „Backlash“ in Richtung vormaliger konservativer Ausstellungskonzepte gab, ist eine weitere Frage, der ich nachgehe. Dazu vergleiche ich Ausstellungsdesigns, die besonders diskutiert wurden – hier in Westeuropa, aber auch auf der ganzen Welt.
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2024/3. Protokoll und Foto: Andreas Gebhardt