Exportkontrolle
Ziel der Exportkontrolle
Ziel der Exportkontrolle ist es, den Missbrauch von Forschungsgütern und Wissen verhindern und so die nationale Sicherheit zu schützen. Dies betrifft
- die Weitergabe (Proliferation) von Massenvernichtungswaffen
- die unkontrollierte Weitergabe von konventionellen Rüstungsgütern
- Menschenrechtsverletzungen, Repression oder Terrorismus im Ausland durch die Nutzung sensibler Güter
Betroffen sind auch Dual-Use-Güter, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen können. Hier ist Missbrauchspotential oft nicht sofort erkennbar. Missbrauchspotential besteht insbesondere bei Forschung in den Bereichen Biologie, Biochemie, Biotechnologie, Chemie, Physik, Nukleartechnik, Energie- und Umwelttechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Elektrotechnik, Luft- und Raumfahrt, sowie Verkehrstechnik, Maschinenbau, Werkstofftechnik und Verfahrenstechnik.
Gesetzliche Vorgaben der Exportkontrolle und des Außenwirtschaftsrechts für Forschung und Lehre
Forschung und Lehre sind zwar grundsätzlich frei. Allerdings gelten auch hier die gesetzlichen Vorgaben der Exportkontrolle und des Außenwirtschaftsrechts, insbesondere, wenn es um den Transfer von sensiblen Waren oder Know-how ins Ausland geht. Weder die Wissenschaftsfreiheit noch die Zivilklausel der Universität entbinden von der Pflicht zur Einhaltung. Verstöße gegen Exportkontrollvorgaben können zu strafrechtlichen Konsequenzen für die handelnden und institutionell verantwortlichen Personen führen. Im Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsfreiheit und außenhandelsrechtlichen Vorgaben sollen die geltenden Exportkontrollmaßnahmen ein gesetzeskonformes Handeln sicherstellen und verhindern, dass Wissenschaftsfreiheit übermäßig reguliert wird.
Unterstützung an der Universität Kassel
Zum Umgang mit Fragen rund um das Thema Exportkontrolle bietet ein verwaltungsinternes Team die Beratung von Zweifelsfällen an, unterstützt bei Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und erarbeitet Prüfmechanismen, mit denen Verstöße gegen Exportkontrollvorgaben vermieden werden sollen.
Zusätzlich unterstützen Sie die folgenden Fragen bei der Planung:
Die grundgesetzlich garantierte Wissenschaftsfreiheit und die Zivilklausel der Universität entbinden Sie nicht von der Beachtung des Außenwirtschaftsrechts. Die dort getroffenen Regelungen zur Exportkontrolle sollen den Missbrauch von Forschungsergebnissen verhindern. Exportkontrolle ist kein ausschließlich deutsches Anliegen, sondern wird weltweit von fast allen Industrienationen vorgenommen.
Verstöße gegen die exportkontrollrechtlichen Vorgaben werden können mit hohen Geldbußen oder gar Freiheitsstrafen geahndet werden. Hinzu kommen Reputationsverluste für die betroffenen Personen oder Einrichtungen.
Exportkontrollrechtliche Vorgaben betreffen vor allem:
- Biologie einschließlich Biotechnologie und Medizin
- Chemie und Biochemie
- Elektrotechnik
- Energie- und Umwelttechnik
- Informations- und Kommunikationstechnologie
- Luft- und Raumfahrt sowie Verfahrenstechnik
- Maschinenbau
- Nukleartechnik
- Physik
- Verfahrenstechnik
- Werkstofftechnik
- die Einstellung von Personal, das in einem Kontext arbeitet, der Exportkontrollvorgaben unterliegt (z.B. einem Forschungsprojekt mit Dual-Use Aspekten)
- die Zusammenarbeit mit internationalen Forschenden, z.B. Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern oder Promovierenden sowie bei internationalen Forschungskooperationen
- die Bereitstellung von Forschungsergebnissen oder Prototypen im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvertrags
- Wissens- und Datentransfers – etwa durch die Weitergabe von Informationen in E-Mails oder durch eine Cloud, auf die von Drittstaaten aus zugegriffen werden kann
- die Versendung von wissenschaftlichem Gerät, Materialien und Software, z. B. an Kooperationspartner
- die Entwicklung neuer Technologien
- Veröffentlichungen, die über wissenschaftliche Grundlagenforschung hinausgehen
- Dienstreisen und Teilnahme an Konferenzen
Immer dann, wenn es um Dinge oder Wissen geht, die ins Ausland gehen oder dort genutzt werden könnten. Dazu zählen:
- das Versenden von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können (Dual-Use Güter)
- die Weitergabe von Wissen und Fähigkeiten (sogenannte Technische Unterstützung)
Achtung! Bereits innerhalb Deutschlands müssen exportkontrollrechtliche Vorgaben verbindlich umgesetzt werden (beispielsweise, wenn sie einer ausländischen Kollegin „sensitives“ Wissen vermitteln).
„Sensitiv“ bedeutet eine mögliche Verwendung im Zusammenhang
- mit der Entwicklung, Herstellung, Handhabung, dem Betrieb, der Wartung, Lagerung, Ortung, Identifizierung oder Verbreitung von chemischen, biologischen oder Kernwaffen und Flugkörpern
- mit einer militärischen Endverwendung, wenn das Käuferland oder Bestimmungsland ein Waffenembargoland ist
- mit einer digitalen Überwachung zum Zwecke interner Repressionen unter Begehung schwerer Menschenrechtsverletzungen oder Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht
- mit der Errichtung bzw. dem Betrieb einer Anlage für kerntechnische Zwecke in speziellen Bestimmungsländern: Algerien, Irak, Iran, Israel, Jordanien, Libyen, Nordkorea, Pakistan, Syrien (aktueller Stand September 2024)
Nicht alles fällt unter die Exportkontrollregeln. Allgemein zugängliche Informationen oder reine Grundlagenforschung sind meistens nicht betroffen. Die allgemeine Zugänglichkeit ist gegeben bei Technologie und Software, die ohne Beschränkung ihrer weiteren Verbreitung erhältlich ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob für den Zugang zu Informationen gezahlt werden muss oder nicht. Sonderregelungen gelten für Waren (Geräte, Prototypen, Proben etc.).
Unter wissenschaftlicher Grundlagenforschung sind experimentelle oder theoretische Arbeiten zu verstehen, die hauptsächlich auf die Erlangung von neuen Erkenntnissen über grundlegende Prinzipien von Phänomen oder Tatsachen, die nicht in erster Linie auf ein spezifisches praktisches Ziel oder einen spezifischen praktischen Zweck gerichtet sind. Arbeiten, die deutlich dem Entwicklungsbereich/ anwendungsbezogenen Forschungsbereich zuzuordnen sind, fallen nicht mehr in die Grundlagenforschung.
Eine abschließende Bewertung erfolgt immer anhand der Umstände des Einzelfalls. Die Exportkontrollbeauftragte der Universität Kassel unterstützt Sie bei der Vornahme der Zuordnung.
Eine exportkontrollrechtliche Prüfung ist notwendig, wenn die Person in einem dieser Länder wohnhaft und ansässig war oder die Staatsangehörigkeit des Landes besitzt. Ein Visum entbindet dabei nicht von den außenwirtschaftsrechtlichen Genehmigungspflichten.
Auch bei Dienstreisen sind die Vorgaben der Exportkontrolle zu beachten, wenn Sie auf die Reise kritische Güter oder Laptops/Smartphones/USB-Sticks mit darauf gespeicherten genehmigungspflichtigen Daten, Software oder Zugängen zu Cloudinhalten mitführen möchten. Es ist dabei unerheblich, ob es sich lediglich um einen nur kurzen Aufenthaltszeitraum im Drittland handelt. Zur zeitweiligen Nutzung unkritischer Geräte wenden Sie sich bitte an das IT Servicezentrum.
Wenn die Konferenz in einem Embargoland stattfinden soll oder von dort ausgerichtet wird, wenden Sie sich bitte vor Anmeldung immer an die Exportkontrollbeauftragte.
Präsentieren und sprechen Sie nicht ohne Rücksprache mit der Exportkontrollbeauftragten zu Technologie mit Bezug zu Rüstungsgütern oder unveröffentlichter Dual-Use-Technologie. Es ist dabei unerheblich, ob Sie die Daten künftig noch veröffentlichen möchten, da bereits die erstmalige international zugängliche Veröffentlichung/Präsentation eine exportkontrollrelevante Handlung darstellt.
Gegebenenfalls benötigen Sie eine Genehmigung für den Versand. Dies ist abhängig davon,
- was Sie liefern wollen
- in welches Land Sie liefern wollen
- an wen Sie liefern wollen
- für welche Zwecke die Güter verwendet werden können.
Einer Genehmigungspflicht unterworfen sind zum einen sogenannte „gelistete Güter“ und zum anderen „nicht-gelistete Güter“, die im Zusammenhang mit einer kritischen Verwendung stehen könnten.
Darunter fallen Rüstungsgüter sowie Dual-Use-Güter. Dual-Use-Güter sind Güter, die überwiegend für zivile Zwecke verwendet werden, aber auch militärische Verwendung finden können. Insbesondere nachfolgende Bereiche sind hierbei betroffen:
- Allgemeine Elektronik
- Antriebssysteme, Raumfahrzeuge und dazugehörige Ausrüstung
- Kerntechnische Materialien, Anlagen und Ausrüstung
- Luftfahrtelektronik und Navigation
- Meeres- und Schiffstechnik
- Rechner
- Sensoren und Laser
- Telekommunikation, Informationssicherheit
- Werkstoffbearbeitung
- Werkstoffe, Chemikalien, Mikroorganismen und Toxine
Für die Lieferung von gelisteten Gütern in das Ausland besteht immer eine Genehmigungspflicht, unabhängig von dem konkreten Verwendungszweck im Einzelfall.
Hierzu gehören Güter, die aufgrund anderer Rechtsvorschriften betroffen sind. Derartige Rechtsvorschriften können sich ergeben aus den Embargoverordnungen, der Anti-Folter-Verordnung oder der Feuerwaffen-Verordnung. Weiterhin zählen dazu Güter, bei denen Ihnen als ausführende Person ein sensitiver Endverwendungszweck bekannt ist oder bekannt sein müsste.
Dies ist der Fall, wenn das spezifische technische Wissen unverzichtbar ist für die Herstellung, Entwicklung oder Verwendung von „gelisteten Gütern“. Unverzichtbar bedeutet, dass dieses Wissen besonders verantwortlich ist für die Erfüllung von wesentlichen Elemente der jeweiligen technischen Parameter. Wenn Sie an Dual-Use Technologie forschen und eine außerhalb der EU zugängliche Publikation planen, die nicht sicher dem Bereich der Grundlagenforschung zuzuordnen ist, sprechen Sie bitte die Exportkontrollbeauftragte an.
Weiterführende Informationen:
- BAFA - Außenwirtschaft - Exportkontrolle und Wissenschaft (Academia) (öffnet neues Fenster)
- DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft - Umgang mit Risiken in internationalen Kooperationen (öffnet neues Fenster)
- BAFA - Handbuch Exportkontrolle und Academia (öffnet neues Fenster)
- EU Sanctions Map (öffnet neues Fenster)