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Johanna Martina Debik

Es ist nicht nur Fachwissen, es ist eine Denkweise, die Johanna Martina Debik aus ihrem Studium mitgenommen hat. Auch rund 20 Jahre später ist ihre Arbeit davon geprägt. In Kassel hat sie Stadt- und Regionalplanung sowie Architektur studiert, heute ist sie Vorständin der Montag Stiftung Urbane Räume, die mit einer neuartigen Methode Stadtteile belebt.

„Mein Studium habe ich als eine sehr freie, selbstbestimmte Zeit erlebt. Ich hatte die Möglichkeit, Schwerpunkte im Studium zu setzen, konnte mir selbst Ziele stecken und meine Grenzen austesten“, erzählt die 59-Jährige. „Die kreative Atelier-Atmosphäre in unseren Projekträumen hat mich sehr inspiriert und war eine gute Vorbereitung auf die spätere Arbeit in Architektur-Büros.“

1989 begann Debik Stadt- und Regionalplanung an der damaligen Gesamthochschule Kassel zu studieren. Später wechselte sie zur Architektur, vor allem angeregt durch Prof. Inken Baller. Auf gemeinsamen Exkursionen nach Frankreich, ins Ruhrgebiet und nach Ostberlin gewann sie eine neue Raumwahrnehmung und wurde auch auf die Bedeutung von Bauen im Bestand aufmerksam. „Vor allem das fächerübergreifende und ganzheitliche Denken habe ich aus meinem Studium mitgenommen“, sagt sie. Bis heute gehört das interdisziplinäre Forschen und Lehren sowie die Projektarbeit zum Profil des Fachbereichs Architektur – Stadtplanung – Landschaftsplanung.

Nach dem Diplom I arbeitete Debik zunächst einige Jahre in Architektur-Büros und nahm im Jahr 2000 das Studium wieder auf, um das Diplom II abzulegen. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Detlev Ipsen forschte Debik zur Migration als Chance für die Stadtentwicklung und veröffentlichte dazu mit Ipsen ein Buch. Sein damals innovativer Ansatz, soziologische Aspekte in der Stadt- und Regionalplanung mitzudenken, prägt sie bis heute.

2006 kehrte sie ihrer Heimatstadt den Rücken und begann, in Hamburg als Projektentwicklerin in der Immobilienwirtschaft zu arbeiten. Hier lernte sie die Bedingungen der Investorenseite kennen – Erfahrungen, von denen sie heute bei ihrer Tätigkeit in der Montag Stiftung Urbane Räume profitiert.

Denn die Stiftung übernimmt zwar eine ähnliche Funktion wie ein Projektträger, geht jedoch komplett anders vor. Die Idee: Aus dem Stiftungskapital werden zentrale Projekte finanziert, die leerstehende Gebäude oder brachliegende Gelände zum Leben erwecken. Frühzeitig bringen sich Bürgerinnen und Bürger des Quartiers ein und erarbeiten gemeinsam neue Nutzungskonzepte, die ihren Bedürfnissen entsprechen.

„Nachdem eine Projektgesellschaft das Projekt umgesetzt hat, übernehmen nach und nach Bewohner, Gewerbemieter und Engagierte aus dem Stadtteil die Verantwortung. Sie führen die Stadtteilarbeit weiter und werden durch die Einnahmen aus der Grundstücksbewirtschaftung unterstützt. Überschüsse fließen in den Stadtteil zurück und unterstützen das Gemeinwohl“, erläutert Debik. Das Konzept nenne sich „Initialkapital-Prinzip“.

Ein Beispiel – der BOB Campus in Wuppertal: Mit dem Team der Stiftung brachte Johanna Debik in Wuppertal den Umbau einer ehemaligen Textilfabrik zu einem Campus mit Kita, Schulräumen, Gewerbeflächen, Wohnungen und einem Nachbarschaftspark auf den Weg. „Wir nutzen dabei nicht nur die graue Energie eines Ortes, also die vorhandene Bausubstanz, sondern auch die goldene Energie, also die Geschichte und Identität des Ortes.“

Seit 2017 ist Debik für die Stiftung tätig, seit April 2020 als Vorständin, in einem Zweier-Team mit Stefan Anspach. Sie ist Herausgeberin der Buchreihe „Gemeinwohl bauen“, mit der sie Stadtmacherinnen und Stadtmachern Mut machen möchte, eigene Projekte nach dem Initialkapital-Prinzip zu initiieren. Weitere Wissensformate und Plattformen zum Austausch sind geplant. Dass Partizipation und Gemeinwohlorientierung heute bei der Entwicklung von Immobilien immer mehr mitgedacht werden, sieht Debik unter anderem als Verdienst der Kasseler Universität: „In den letzten fünf bis zehn Jahren hat ein Umschwung stattgefunden, auch vorangetrieben durch eine gesellschaftliche Bewegung. Kommunen, Zivilgesellschaft und Immobilienwirtschaft können kollaborativ etwas bewegen. Hier sehe ich viel Potenzial.“

 

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