01.06.2022 | Campus-Meldung

A Bad Place?

Am Gebäude des Zentrums für Umweltbewusstes Bauen hängt seit kurzem ein Banner - ein Kunstwerk der Gruppe Art & Language. Was sich auf den ersten Blick wie ein Kommentar zum Ort liest, soll irritieren und eine Hilfe sein, eine "untersuchende Position" einzunehmen.

Der Schriftzug am Zentrum für Umweltbewusstes Bauen.Bild: Uni Kassel.
Der Schriftzug am Zentrum für Umweltbewusstes Bauen. Art & Language: A Bad Place, 2017. Collection Philipe Méaille / Château de Montsoreau – Museum of Contemporary Art.

Im Jahr 1972 kamen Art & Language zum ersten Mal nach Kassel. Auf Einladung der documenta 5 zeigten sie ein epochales Werk, das einen Wendepunkt für ihre kollektive Praxis und die Geschichte der Conceptual Art im Allgemeinen darstellte. Fünfzig Jahre später, im Jahr 2022, tauchen sie erneut in der Stadt auf, diesmal mit einem Werk, das an einem Gebäude angebracht ist, in dem einige der Mitarbeiter/innen des documenta-Instituts untergebracht sind. Diesmal steht dort nur „A BAD PLACE“. Das sind weitaus weniger Worte als 1972, aber definitiv nicht weniger Stoff zum Nachdenken!

Diese drei Worte sind bereits von London bis Berlin, von Basel bis Montsoreau auf einem eleganten Plakat, einer wandfüllenden Zeichnung oder einer Tragetasche erschienen. Auf monumentalere Weise ist das Etikett auch mitten im Hof eines französischen Renaissanceschlosses erschienen, das die weltweit größte Sammlung von Werken von Art & Language beherbergt. In jüngster Zeit, kurz bevor es nach Kassel kam, wurde es zu einem großen rot-weißen Banner, der im Herzen von Paris, im Invalides / Musée de l’Armée, Paris, ausgestellt wurde. Inzwischen sind die drei Wörter mit einem Forschungsort verbunden, an dem sich die Mitglieder des documenta-Instituts mit der Geschichte des Ausstellens beschäftigen, unter anderem auch mit der „Ausstellbarkeit“ einer (scheinbar) entmaterialisierten Kunst, der Conceptual Art. Von Kunstgalerien über Museen und Privatsammlungen bis hin zur akademischen Welt setzt Art & Language mit einem eigenartigen Sinn für ernsten Humor seine kritischen Bemühungen fort, die sowohl die gastgebende Institution als auch ihr Publikum einbeziehen.

Einer der Initiatoren, Prof. Dr. Felix Vogel, formuliert zu dem Kunstwerk: „A BAD PLACE“ ist kontrastreich und visuell aggressiv und fordert die Betrachter/innen direkt heraus: Warum ist es ein schlechter Ort? Wer hat das entschieden? Was ist das Schlechte an diesem Ort? Ist es Kassel, die Universität, das documenta-Institut, das Gebäude selbst? Bezieht es sich auf die Kunstwelt als schlechten Ort? Oder eher auf die Wissensökonomie, deren Teil die Universität ist? Wann und warum ist dieser Ort schlecht geworden? Benennt der Slogan tatsächlich das Gebäude? Sollte man hineingehen, protestieren oder einfach nur die Augen abwenden? Aber wo ist dann der gute Ort? Sobald es uns gelingt, uns von einer moralischen Lesart auf der ersten Ebene zu distanzieren, erkennen wir, dass die Konfrontation mit diesem Werk uns dazu bringt, eine untersuchende Position gegenüber dem Ort, aber auch unseren eigenen Überlegungen, Erwartungen und sogar Wünschen einzunehmen."