Auf multilingualen Spuren der Brüder Grimm: Schneewittchens Fall wird von internationaler Jury gelöst
Initiiert wurde der Bildungsausflug von der Anglistin Professor Dr. Claudia Finkbeiner, die an der Universität Kassel das Fachgebiet Fremdsprachenlehr- und lernforschung & Interkulturelle Kommunikation leitet, mit der tatkräftigen Unterstützung ihrer Tutorin Yvonne Hesse. Die Studierenden ihres Seminars “Fairy Tales: A Multilingual, Multiperspective Approach” setzten an den Zielorten der Exkursion jeweils eine Neuinterpretation der Märchen Rotkäppchen, Rapunzel, Schneewittchen und die Sieben Zwerge und Die Bremer Stadtmusikanten in Szene. Dies geschah in enger Kooperation mit arabischen und jüdischen Gaststudierenden und Gastwissenschaftlerinnen aus Israel, die in den Aufführungen sowohl als Darsteller:innen als auch in das Theaterstück eingebundenes Publikum Schlüsselrollen übernahmen. Dadurch wurde unter anderem die Möglichkeit hervorgehoben, wie Märchen in einem internationalen, multilingualen und multikulturellen Lernumfeld eingesetzt werden können.
Am Vormittag ließen sich alle Teilnehmenden zunächst von der mystischen Atmosphäre des Gebiets Reinhardswald und einer dort inszenierten Neuinterpretation des Märchens Hänsel und Gretel verzaubern. In der Version der Studierenden ist die Hexe im Lebkuchenhaus in Wahrheit eine gute Fee, die sich allerdings nur jenen Kindern offenbart, die guten und reinen Herzens sind. Professor Dr. Gerd Rohmann bereicherte die Wanderung dank seines ausführlichen Wissens über die Natur im Reinhardswald, wie zum Beispiel über die Geschichte von Wölfen in Deutschland und deren Rolle in Märchen der Brüder Grimm. Im Reinhardswald wurde dann auch das Märchen Rotkäppchen nacherzählt, wobei die Umgebung durch ihre eigene Mystik zum Erleben der im Märchen ausgedrückten Gefühlen beitrug.
Der nächste Halt war Trendelburg, wo jener Turm zu finden ist, von dem man sich erzählt, dass er die Inspiration für Rapunzel war. Die Studierende führten eine Version des Märchens auf, in der eine Fee den Zuschauern von Ereignissen berichtete, die sich vor langer Zeit in einer anderen Welt voller Magie zutrugen.
In dem Ort Gieselwerder wurden schließlich Charaktere aus Schneewittchen und die Sieben Zwerge vor Gericht gerufen, um einen Täter zu entlarven. Nachdem der Jäger, Schneewittchens Stiefmutter und die Sieben Zwerge ausgesagt hatten, wurde es den Zuschauern als internationale Jury überlassen, zu entscheiden, dass wohl die böse Königin, Schneewittchens Stiefmutter, mithilfe eines magischen Spiegels für das Verbrechen verantwortlich gewesen sein musste, woraufhin sie Verbannung aus ihrem Königreich als Strafe erhielt. Als letzter Höhepunkt wurde das Märchen Die Bremer Stadtmusikanten auf fesselnde Weise nacherzählt, wobei die ambitionierten mehrsprachigen Musikanten aus unterschiedlichen Ländern kamen, sich für soziale Gerechtigkeit einsetzten und mithilfe einer optischen Illusion und Musik gegen furchteinflößende Räuber wehrten. Märchenhaft verzaubert und gut gelaunt fuhr die internationale Delegation zurück nach Kassel und fand sich in der akademischen Welt der Universität neu inspiriert vom Kulturerbe Europas.
Text: Nortje Rübsamen.
Kontakt:
Prof. Dr. Claudia Finkbeiner
Fachgebietsleitung Fremdsprachenlehr- und -lernforschung & Interkulturelle Kommunikation
Telefon: +49 561 804-3353
E-Mail: cfink[at]uni-kassel[dot]de