25.06.2024 | Porträts und Geschichten

Was mich antreibt: Biologische Uhren in Bärtierchen

Kasseler Promovierende und ihre Themen | Soumi Dutta

Bild: Christina Taraschewski

Ich stamme aus Kalkutta im Osten Indiens. Nach meinem Master in Zoologie habe ich fünf Jahre am Central Institute of Fisheries Education gearbeitet und an einer mit dem Hering verwandten Fischart namens Tenualosa ilisha geforscht. Dieser Fisch hat für die Ernährung in meiner Heimat eine große Bedeutung. Das Besondere an ihm ist, dass er die meiste Zeit im Meer lebt, zum Laichen aber zweimal im Jahr die Flüsse hinaufzieht, ähnlich wie Lachse. Ich habe erforscht, wie zwei bestimmte Proteine ihm die Umstellung von Salz- auf Süßwasser erleichtern.

Auf diese Arbeit mit Proteinen kann ich bei meiner Doktorarbeit in Kassel aufbauen. Ich bin mit dem Graduiertenkolleg „Multiscale Clocks“ assoziiert, das sich mit inneren Uhren diverser Organismen beschäftigt. Wir untersuchen, welche Mechanismen den Wach- und Schlafzyklus, den jahreszeitlichen Zyklus und so weiter steuern. Konkret untersuche ich Photorezeptormoleküle, Neuropeptide und ihre Beziehung zu verschiedenen „Uhr“-Genen bei Bärtierchen. Die weniger als einen Millimeter großen Bärtierchen sind etwas absolut Außergewöhnliches: Sie halten extreme Kälte, Trockenheit und Sauerstoffmangel aus und können sich vorübergehend in einen todesähnlichen Zustand versetzen. Ihr Organismus funktioniert komplett anders als beispielsweise derjenige der Fruchtfliege, eines klassischen Modell-Organismus. Meine ersten Ergebnisse legen nahe, dass sich auch ihre inneren Uhren fundamental unterscheiden.

Nach Deutschland bin ich mit meinem Mann gekommen, der ebenfalls Wissenschaftler ist. Mein Doktorvater hier in Kassel ist Georg Mayer, er hat ein sehr internationales Team und die Arbeit – wir konzentrieren uns in unserer Forschung auf Bärtierchen und Stummelfüßer – macht viel Spaß. Finanziell hilft mir ein Stipendium des Otto-Braun-Fonds. Forschung in Deutschland ist ähnlich wie Forschung in Indien, wenn man von ein paar Kleinigkeiten absieht: Zum Beispiel sitzen die meisten Firmen, die Laborgeräte und Chemikalien produzieren, in Europa. Deswegen hat man eine Bestellung bereits zwei Tage später auf dem Tisch und muss nicht ein bis zwei Wochen darauf warten. Außerdem liegt der Fokus in Indien eher auf angewandter Forschung, deswegen bieten sich weniger Möglichkeiten für junge Wissenschaftlerinnen, die in die Grundlagenforschung gehen wollen.

 

Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2024/2. Protokoll: Sebastian Mense