02.07.2024 | Pressemitteilung

Märchen-Handbibliothek der Brüder Grimm wird digitalisiert

Die Brüder Grimm haben in den Büchern, die sie für die Kinder- und Hausmärchen auswerteten, viel Handschriftliches hinterlassen. Ein neues Digitalisierungsprojekt macht diese kulturhistorisch bedeutsamen Zeugnisse nun öffentlich zugänglich. Beteiligt sind Partner aus Würzburg, Berlin und Kassel; die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt.

DigitalisatBild: DFG-Projektpartner
Handschriftliche Notiz von Jacob Grimm zum Stichwort „Barbarossa“ (im Drucktext unterstrichen) und darunter die derzeitige automatische Transkription mit roter Markierung der Transkriptionsfehler (grün: Korrektur; schwer entzifferbares Wort wurde nicht korrigiert).

Wer „Brüder Grimm“ hört, denkt sofort an Rotkäppchen, Schneewittchen und andere Märchen – und das nicht nur in Deutschland: Die von den Volkskundlern und Sprachwissenschaftlern Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859) zusammengetragene Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“ gehört zu den berühmtesten Werken der Weltliteratur.

Die Privatbibliothek der Brüder befindet sich zum größten Teil in der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin. Besonderen Wert haben die Bücher, von denen sich etwa 700 auf die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm beziehen, auch wegen der darin enthaltenen Arbeitsspuren: Die Grimms strichen Textpassagen an, machten handschriftliche Notizen an den Seitenrändern und legten Notizzettel ein.

Wer Zugang zu diesen kulturhistorisch bedeutsamen Quellen sucht, ist bislang auf die Originale angewiesen. Ein neues Projekt verfolgt darum das Ziel, die Bücher digital zu erschließen, mit all ihren Nutzungs- und Provenienzspuren – letzteres sind Hinweise auf die Herkunft und den Besitzverlauf der Werke. Der Forschung soll dieser digitale Zugang erstmals auch neue methodische Ansätze ermöglichen.

Projektpartner aus Würzburg, Berlin und Kassel

In dem interdisziplinären Projekt „Digitale Märchen-Handbibliothek von Jacob und Wilhelm Grimm“ sind zwei Forscher der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg für den technologischen Part zuständig, um die Erschließung, Digitalisierung und Veröffentlichung eines ausgewählten Teils der Bestände kümmert sich ein Wissenschaftler der Universitätsbibliothek der HU Berlin. Philologisch wird das Vorhaben von Professor Dr. Holger Ehrhardt vom Fachgebiet „Werk und Wirken der Brüder Grimm“ der Universität Kassel betreut. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt. Es startet am 1. September 2024 und läuft drei Jahre.

Herausforderung für die Informatik

Der Schwerpunkt des Projekts liegt, neben der Volltexterschließung der gedruckten Texte, auf der Identifikation, Transkription und Vernetzung der zahlreichen handschriftlichen Anmerkungen. Gerade das ist eine besondere Herausforderung: Die bislang entwickelten automatischen Verfahren für die Schrift- und Layout-Erkennung sind nicht dazu in der Lage, verwertbare Volltexte annotierter Drucke herzustellen und gleichzeitig handschriftliche Artefakte auszuwerten.

Alle Projektergebnisse werden im Internet öffentlich zugänglich gemacht und für weitere Nutzungen zur Verfügung gestellt. Der Web-Viewer wird auch spezifische Recherche-Funktionen für die Navigation in den Annotationen enthalten. Als Ergebnis werden die Projektpartner einen Routine-Workflow bereitstellen können, der die Digitalisierung weiterer Segmente der Grimm-Bibliothek sowie anderer Gelehrtenbibliotheken ermöglicht.

Das Brüder-Grimm-Digitalisierungsprojekt:
https://www.ub.hu-berlin.de/de/ueber-uns/projekte/digitale-maerchen-handbibliothek-von-jacob-und-wilhelm-grimm

Kontakt:

Prof. Dr. Holger Ehrhardt
Universität Kassel
Tel: +49 561 804-7455
E-Mail: holger.ehrhardt[at]uni-kassel[dot]de