06.08.2024 | Campus-Meldung

Architekturbiennale 2025: Drei Kasseler unter Finalisten für Deutschen Pavillon

Gleich zwei Teams mit Kasseler Beteiligung kamen im Rennen um das Kuratorium des Deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale 2025 in Venedig ins Finale: Unter dem Titel „Obsentials – Towards A Circular City“ qualifizierte sich ein kuratorisches Team rund um Prof. Stefan Rettich. Auch das Team mit Beteiligung von Dr. Alexander Stumm der Uni Kassel schaffte es in die Endauswahl – mit dem Thema: „Demolition City“. Entschieden hat sich die Jury letztendlich für das Team „STRESSTEST“, das sich mit der Überhitzung von Natur und Städten beschäftigt.

Bild: Team "Obsentials"
Skizze der Ausstellungsräume des Deutschen Pavillons nach dem Konzept des kuratorischen Teams "Obsentials".

"Obsentials"

Grundlage für das Ausstellungskonzept „Obsentials – Towards a Circular City“, das letztendlich von der Expertenkommission auf den zweiten Platz gewählt wurde, war das Forschungsprojekt „Obsolete Stadt“ des Fachgebiets Städtebau der Uni Kassel von Fachgebietsleiter Prof. Stefan Rettich und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dipl.-Ing. Sabine Tastel. Im Projekt untersuchen die Forschenden, welche Flächen oder Gebäude in Großstädten Risiko laufen, obsolet zu werden, und entwickeln in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren Ansätze, um die Innenentwicklung von Städten nachhaltig zu transformieren. (Mehr zum Forschungsprojekt „Obsolete Stadt“ finden Sie hier: https://obsolete-stadt.net/)

Ziel des eingereichten Konzepts war es, die Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojekts öffentlichkeitswirksam und populärwissenschaftlich vorzustellen. Im Hauptausstellungsraum des Deutschen Pavillons sollte der Kern – Modelle der von Obsoleszenz bedrohten Gebäude- und Flächentypen und wie man diese gemeinwohlorientiert nutzen könnte – vorgestellt werden. „Dazu hatten wir in dem Hauptraum eine ‚Flip-Dot-Wall‘ mit etwa 80.000 Pixeln geplant, die gelungene Beispiele von Transformationen visualisiert“, erklärt Prof. Stefan Rettich. In zwei Nebenräumen sollten zudem einerseits historische Hintergründe zu Transformationen sowie obsolete historische Raumtypen dargestellt und andererseits das Projekt am konkreten Beispiel Hamburg gezeigt werden.

Für die Beteiligung am Wettbewerb ergänzte Thomas Rustemeyer (Ausstellungsdesigner, Urbanist und Kurator) das kuratorische Team, dessen Arbeiten bereits mehrfach auf vergangenen Architekturbiennalen vertreten waren. Die kuratorische Beratung übernahm Prof. Dr. Jörg Haspel, der an der TU Berlin Denkmalkunde lehrt und von 2012-2021 Präsident von ICOMOS Deutschland war.

Bild: Team "Demolition City"
Ein Schuttberg aus Modellhäusern im Zentrum des Pavillons: der Kern des Ausstellungskonzepts "Demolition City".

"Demolition City"

Dr. Alexander Stumm, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Architekturtheorie und Entwerfen der Uni Kassel, war Mitglied eines weiteren Finalisten-Teams: Dessen Ausstellungskonzept „Demolition City – Abriss und die Macht der Multitude“ beleuchtete die physische Dimension und die negativen Folgen der gegenwärtigen Abrisspraxis (u.a. hohe CO2-Emissionen, Bauabfälle, Leerstand) sowie das Engagement verschiedenster gesellschaftlicher Akteure gegen diese Praxis. Dafür sollte der Deutsche Pavillon selbst als Abrissbaustelle inszeniert werden. Im Zentrum des Hauptausstellungsraum plante das Team einen großen Schuttberg („Schrottstadt“), bestehend aus repräsentativen Modellhäusern – darunter Modelle realer, vom Abriss bedrohter Gebäude.

Das eingereichte Konzept beruht auf dem sogenannten „Abriss Atlas“, der seit September 2023 als crowd-knowledge basiertes Instrument Abrisse in Deutschland dokumentiert. (Mehr dazu unter: https://abriss-atlas.de/) Parallel zur Ausstellung bei der Architekturbiennale sollte auch an vielen Orten in Deutschland auf das Thema aufmerksam gemacht und die vielfältigen Geschichten hinter den Abrissen dokumentiert werden.

„Das Erreichen der Finalrunde zeigt, dass das Thema Abriss inzwischen als ein zentrales Problem des Gebäudesektors im Bewusstsein angekommen ist“, betont Stumm und blickt positiv auf den Prozess zurück: „Gerade die interdisziplinäre Arbeit im kuratorischen Team stellte für mich eine große Bereicherung dar, um den Architekturdiskurs zu erweitern.“ Neben Stumm bestand dieses Team aus Prof. Tim Rieniets (Leibniz Universität Hannover), Architects for Future und CORRECTIV.

Hintergrund

Die Internationale Architekturbiennale findet alle zwei Jahre in Venedig statt. Sie gilt als die weltweit bedeutendste Architekturausstellung und präsentiert neueste Entwicklungen und aktuelle Strömungen in den Feldern Architektur, Städtebau und Stadtentwicklung. Sie setzt sich zusammen aus vielen kleinen Ausstellungshäusern der verschiedenen beteiligten Nationen und Länder. Das BMWSB und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) finanzieren dabei jeweils den deutschen Beitrag zur Ausstellung, der im „Deutschen Pavillon“ seinen Platz findet – für dessen Inhalt und Ausstellungskonzept wird ein immer wechselndes kuratorisches Team berufen.

Die Architekturbiennale in Venedig eröffnet im Mai 2025 und läuft bis November 2025. Als Hauptkurator (Direktion der Gesamtbiennale) wurde der Architekt und Stadtplaner Carlo Ratti ausgewählt. Das von ihm gewählte Motto für kommendes Jahr lautet: „Intelligens. Natural. Artificial. Collective.“

Mehr Infos zur 19. Architekturbiennale: https://www.labiennale.org/en/architecture/2025

 

Kontakt:

Prof. Dipl.-Ing. Stefan Rettich
Universität Kassel
Fachgebiet Städtebau
Tel.: +49 561 804-3276
Mail: rettich[at]asl.uni-kassel[dot]de
 

Dr. Alexander Stumm
Fachgebiet Architekturtheorie und Entwerfen
Tel.: +49 561 804-3763
Mail: stumm[at]uni-kassel[dot]de