Ringvorlesung „Queere Verwandtschaft und Ökologien der (Ver-)Bindung": Nur Kin statt Kids?
Nur Kin statt Kids? Zur problematischen Normativität sozialer Elternschaft aus internationaler Perspektive (Ute Kalender)
Die IAG-Ringvorlesung des Sommersemesters 2022 setzt am Nexus von Verwandtschaft/Familie, Queer* und Trans* Studies und feministisch-posthumanistischer Ökologie an und bearbeitet Fragen zur (Re-)Konzeptualisierung von Verwandtschaft jenseits und im Kontext heteronormativer Geschlechter- und Reproduktionsverhältnisse.
Ansätze aus feministischer und queerer Perspektive haben heteronormative Ordnungen von Familie, Verwandtschaft und Geschlecht kritisch ins Vesier genommen, komplexe Formen und Praktiken eines “doing family“ und „doing kinship“ sichtbar gemacht und diese in ihrer Diversität, Dynamik und Intersektionalität untersucht. Wissenschaftler_innen aus diesen Feldern haben etwa argumentiert, dass mit dem Fortschritt von Bio- und Reproduktionstechnologien sowie einer zunehmenden rechtlichen und gesellschaftlichen Anerkennung von Familienformen jenseits der klassischen heterosexuellen Kernfamilie, wie LGBTIQ-Familien oder Drei-Eltern-Familien, Definitionen von Verwandtschaft ständig neu verhandelt werden (müssen).
Als zentral für queere und feministische Ansätze erweist sich dabei die Entnaturalisierung des Begriffs der Verwandtschaft – nicht zuletzt durch die Kritik seiner grundlegenden Prämissen von Geschlecht, Reproduktion und Machtverhältnissen. Was Verwandtschaft - oder ‚Kinship‘ – ausmachtist daher nicht von einer vermeintlichen ‚Natur‘ determiniert, sondern vielmehr von vielfältigen biologischen, sozialen, rechtlichen, politischen und ökologischen Faktoren abhängig, die stets miteinander in Verhandlung stehen. Mit dem daran anschließenden Neu-Denken des Verhältnisses von ‚Natur‘ und ‚Kultur‘ eröffnen Ansätze aus dem Bereich des feministischen Posthumanismus bzw. der posthumanistischen Ökologie darüber hinaus den Blick für speziesübergreifende Verwandtschaftsbeziehungen jenseits des „nur“ Menschlichen. Dabei stellen sich gerade vor dem Hintergrund von Naturzerstörung und Klimakrise neue Fragen der Vergemeinschaftung, Bindung und Verbundenheit mit einer Vielfalt von Lebens- und Hybridformen sowie ökologischer Prozesse.