Konzept und Anwendung
Die Konzeption, Einrichtung und wissenschaftliche Begleitung des Lehr-Lern-Labors Sportpädagogik am Institut für Sport und Sportwissenschaft erfolgt seit 2019 im Rahmen von PRONET2 (Professionalisierung durch Vernetzung – Qualitätsoffensive Lehrerbildung; 2019-2023). Das Teilprojekt des IfSS sieht vor, dass anlässlich der Studien im Labor unterrichtsrelevante Themen an universitären und schulischen Lernorten pädagogisch aufbereitet, didaktisch erprobt und individuell reflektiert werden. Damit verbunden ist die Zielsetzung, dass Lehramtsstudierende durch eine authentische und komplexitätsreduzierte Lernumgebung in der Entwicklung ihrer pädagogischen Professionalität gefördert werden. Im Vordergrund stehen aktive, selbstgesteuerte Lernprozesse in denen die Teilnehmenden Unterrichtspraxis – real und / oder in Form von (Video-)Fallarbeit – aus einer forschenden Haltung heraus analysieren und reflektieren sollen.
Im Rahmen von UKS_digi (Universität Kassel digital: Universitäre Lehre neu gestalten; 2021-2024) werden im sportpädagogischen Teilprojekt weitere Veranstaltungen im Laborformat entwickelt und angeboten. Dabei steht die reflexive, videogestützte Fallarbeit im Mittelpunkt, die in unterschiedlichen Blended-Learning-Formaten durchgeführt und evaluiert wird.
Abbildung 1 veranschaulicht den Arbeitsprozess und die theoretischen Bezugspunkte des Lehr-Lern-Labors. Einen zentralen Bezugspunkt bilden die Komponenten professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften, die Terhart (1991) bereits Anfang der 1990er Jahre grundlegend in die drei Dimensionen Wissen, Wollen und Handeln einteilte. Zur weiteren Konkretisierung werden hinsichtlich der universitären Lehrkräftebildung die Bereiche des pädagogischen Wissens (u.a. Baumert & Kunter, 2006) unterschieden und mit Blick auf die Schule die Qualitätsdimensionen guten (Sport-)Unterrichts (u.a. Herrmann, Seiler & Niederkofler, 2016) berücksichtigt.
Die Veranstaltungen im Rahmen des Labors zeichnen sich durch eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis aus. So können theoriegeleitete Diskurse unter Bezug auf praktische Fälle stattfinden. In diesem Kontext kann der professionelle Blick auf das Handeln von Lehrkräften in besonderer Weise geschult werden, etwa durch Video-Fallarbeit oder Unterrichtshospitation. Mit der Zielvorstellung Professionalität durch Reflexivität ist auch das Anliegen verbunden, die eigene Lehrerpersönlichkeit weiterzuentwickeln. Auf diesem Wege können angehende Lehrkräfte auf den beruflichen Alltag vorbereitet werden und im Umgang mit unterrichtlichen Situationen Sicherheit gewinnen.
Die portfoliogestützten Veranstaltungskonzepte, welche die nachhaltige Förderung der Reflexionsfähigkeit von Sportstudierenden zum Ziel haben, nutzen u.a. eigens produzierte Videosequenzen aus dem Sportunterricht (siehe Abschnitt „ViSpo-Videodatenbank Sportunterricht“).
Zu den bislang behandelten Themenstellungen in der sportpädagogischen Laborarbeit (ein- und zweisemestrige Veranstaltungen) gehören die Heterogenität und Differenzierung, der bewegte Fachunterricht, der inklusive Sportunterricht sowie die verschiedenen Dimensionen der Unterrichtsqualität. Im Rahmen von UKS_digi werden in diesem Zusammenhang auch verschiedene Blended-Learning-Formate erprobt und evaluiert.
Abbildung 2 zeigt exemplarisch das Konzept eines zweisemestrigen Projektseminars. Im Sinne des Forschenden Lernens vertiefen die Sportstudierenden in Arbeitsgruppen zunächst Fragestellungen zur Unterrichtsqualität, Heterogenität und Differenzierung sowie Unterrichtsforschung. Ausgehend von diesem theoretisch-konzeptionellen Wissen folgen themenbezogene Hospitationsphasen mit Reflexionsaufgaben. Im zweiten Semester beobachten und analysieren die Arbeitsgruppen eine heterogene Lerngruppe, um darauf aufbauend begründet Unterrichtsstunden mit differenzierenden Maßnahmen zu planen und durchzuführen. Die Beobachtungen dieser Sportstunden werden abschließend ausgewertet und reflektiert.