Sommersemester 2021
Die Lehrveranstaltungen im Sommersemester finden online statt. Bitte melden Sie sich, wie gehabt, über Hispos dazu an.
Seminar
Dienstags, 14 - 16 Uhr
Seit William Hogarth bereits 1751 mit den Four Stages of Cruelty eine Serie von Drucken vorgelegt hatte, die die Folgen von amoralischem Handeln und Tierquälerei vermitteln sollten und der Wert dieser visuellen Ensembles erkannt worden war, ließ sich der öffentliche Tierschutzdiskurs kaum noch von den Bildern trennen, die in diesem Kontext erzeugt wurden. Diese Bilder wurden schon früh dazu genutzt, Politik von, mit und über Tiere zu machen. Die Medienrevolution Ende des 19. Jahrhunderts, die mit der illustrierten Zeitschrift ein neues Format entwickelte, in der die Abbildungen in einem direkten Verhältnis zum Text stand, bot neue Chanchen für diejenigen, die auf die Gewalt gegen Tiere vor allem in Tierversuchen aufmerksam machen wollten. Allerdings nutzten erst die neuen sozialen Bewegungen der Nachkriegszeit die Macht der Bilder in einem Maße, dass sie sich selbst in den Diskurs um das richtige Verhalten zum Tier einschrieben. Das liegt vor allem daran, dass sie das abbilden, was nicht öffentlich war. "Licht an dunkle Stätten" zu bringen, hatte sich zwar bereits die Antivivisektionsbewegung der Kaiserzeit auf die Fahnen geschrieben, richtig erfolgreich war sie indes nicht damit gewesen.
In diesem Seminar wollen wir uns aus einer mediengeschichtlichen Perspektive dem Thema "Gewalt gegen Tiere" widmen und hierbei Bruchlinien in der Berichterstattung genauso identifizieren wie in der Bildsprache. In den Blick nehmen wollen wir die Zeit von 1970 bis in die Gegenwart und dabei Beispiele aus Westeuropa und den USA identifizieren und analysieren. Dabei werden wir uns vor allem vier Themenfelder anschauen: Tierversuche, Pelz- und Pelzhandel, Tiertransporte und Tierepidemien. Wie und zu welchem Zeitpunkt das optimale Bild-Text-Verhältnis auf die Öffentlichkeit bei welchem Thema insbesondere wirksam wurde, wollen wir mithilfe einer vertiefenden Medienanalyse beispielsweise der Zeitschrift Der Spiegel vornehmen. Ein weiteres Augenmerk soll auf die mediale Selbstinszenierung jener gelegt werden, die im "Kampf" gegen Tiermissbrauch selbst zu Mitteln der Gewalt griffen, insbesondere im Hinblick auf die in Großbritannien seit den 1970er Jahren aktive Tierbefreiungsbewegung rund um die Animal Liberation Front und ihre medienwirksamen Einbrüche in Laboratorien.
Dazu werden wir einerseits mit Methoden der Mediengeschichte arbeiten. Im Kurs wird es deshalb auch darum gehen hierfür eine solide Einführung in den Umgang mit Zeitungs- und Zeitschriftenmedien und den hierüber vermittelten Bildern zu leisten. Dazu sollen auch die theoretischen Ausführungen zum ironic turn und zur visual history Beachtung finden. Andererseits sollen auch die in den Human-Animal Studies geführten Debatten zur "richtigen" Darstellung Dechiffrierung des Bildes des tierlichen "Anderen" besprochen werden. Die Studierenden sollen ferner selbstständig nach entsprechendem Quellenmaterial recherchieren und dies im Seminar vorstellen.
Literatur zur Vorbereitung:
- Kruse, Corwin R.: "The movement and the media: Framing the debate over animal experimentation." Political Communication 18.1 (2001): 67-68.
- Cronin, J. Keri: "'A Mute Yet eloquent Protest': Visual Culture and Anti-Vivisection Activism in the Age of Mechanical Reproduction." In: John Sorenson (Hg.), Critical Animal Studies: Thinking the unthinkable Canadian Scholars Press (2014), S. 284-297.
- Roscher, Mieke: "Gesichter der Befreiung. Eine bildgeschichtliche Analyse der visuellen Repräsentation der Tierrechtsbewegung", in: Chimaira Arbeitskreis (Hg.), Human-Animal Studies: Über die gesellschaftliche Natur von Tier-Mensch Verhältnissen, Bielefeld 2011, S. 335-363.
Blockseminar
Mittwoch, 28. April 16 - 18 Uhr, 28./29.Mai und 02./03. Juli (freitags 12 - 18 Uhr und samstags 10 - 16 Uhr)
""If the kids are united, they will never be divided", so hieß es 1978 in einem Song der britischen Punk-Band Sham 69. Der Song war einerseits ein Aufruf zur Versöhnung rivalisierender Jugendbanden, zwischen Skinheads und Punks, Mods und Rockern und gleichsam Zeichen einer an sich zunehmend politisierenden Musikszene, die laute Musik als Ausdruck eines Lifestyles wie auch als Vermittlungsobjekt verstand, das auf Konzerten, später auch über einen wachsenden Markt an Kassetten und Vinyl-Singles geteilt wurde. Der Ansatz, über Musik einen Lifestyle zu entwickeln, der sich gegen herrschende kulturelle Vorstellungen richtete, war auch in den USA, wo sich dieses Verständnis zur selben Zeit als Hardcore oder Hardcore-Punk zu etablieren begann, nichts Neues. Bereits in den 1960gern wurde über Folk und Rock 'n' Roll vorgemacht, wie sehr sich über Musik neue Identitäten entwickeln und festigen ließen. Hardcore wurde zu einem wichtigen Gegenpol zur konservativen Welle, die mit der Reagan Administration einen neuen Kulturkampf hervorbrachte, der sich auch und explizit gegen die kulturellen Errungenschaften der 1960er und 1970er, von Bürgerrechten zur Auflösung strikter Geschlechterrollen, wandte und mit einem evangelikalen Backlash reagierte.
In diesem Seminar wollen wir uns mit dieser kulturellen Gegenreaktion in der Form der Geschichte des US-Hardcores von ca. 1980-2000 beschäftigen.In dieser Zeit können nicht nur die markantesten Entwicklungslinien des Hardcores nachvollzogen werden, von "Old School" bis "New School", die von der "Youth Crew" bis zum "Posthardcore" und "Emo", von der Etablierung von "D.C. Punk" oder "New York Crew" oder der "Straight Edge" - Bewegung, sondern hier wird deutlich, wie sehr eine historische Auseinandersetzung mit den "Culture Wars" einer genuin kulturgeschichtlichen Mikrobetrachtung bedarf. Wir werden uns deswegen zum Beispiel mit Dischord Records befassen, einem Washingtoner Musiklabel, das zum Aushängeschild einer neuen, politischen Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt wurde und der "No-Future"-Parole, die von England aus in der Punkwelt ankam, ein dezidiert auf Verbindlichkeit und lokale Netzwerke basierende Idee der "Unity" entgegenhielt; wir werden auch das CBGBs betrachten, einen New Yorker Club im East Village, der zum Mekka der Hardcore-Bewegung wurde in einer Zeit, in der New York zum Zentrum der Gewalt wurde, einschließlich der im Umfeld der Konzerte zur Schau getragenen Gewalt.
Gemeinsam wollen wir uns über unterschiedlichen Quellen der Geschichte des Hardcores in Nordamerika nähern, vor allem den Fanzines und Flyern, aber auch der Musik selbst, weil den Lyrics eine nicht nur illustrative Untermalung zukommt. Zur Vorbereitung auf die Sitzungen werden wir uns mit ausgewählter Literatur zur Entstehung und Entwicklung des Hardcores und zur amerikanischen Kultur in der (Nach-)Reagan-Zeit beschäftigen. Wir aber nicht nur Texte lesen, sondern über Filme und Zeitzeugengespräche (z.B. in der Form von Podcasts) auch die Akteure direkt zu Wort kommen lassen. In der zweiten Blockveranstaltung sollen Sie zudem eigene geführte Zeitzeugeninterviews mit Protagonist*innen des American Hardcore präsentieren.
Für dieses Seminar sind sichere Englischkenntnisse Voraussetzung, sämtliche Quellen und ein Großteil der Literatur wird in englischer Sprache sein.
Literatur zur Vorbereitung:
- Mattson, Kevin: We´re Not Here To Entertain: Punk Rock, Ronald Reagan, and the Real Culture War of the 1980s Amerca, Oxford University Press, 2020.
- Blush, Steven and George Petros: American Hardcore: A tribal history, Feral House, 2010.
- Podcast: The Ian MacKaye Interview Part 1 Input Output Podcast
Seminar
Dienstags, 10 - 12 Uhr mit Exkursion (3.- 6. Juni 2021), gemeinsam mit Prof. Dr. Stefanie Hennecke (FB 06, Stadt- und Landschaftsplanung)
Expansive Nationalstaaten, wie das unter preußischer Führung entstehende Deutsche Kaiserreich, haben stets ein breites Programm an Repräsentationsformen zur Selbstdarstellung und Legitimation entwickelt. Sie haben kulturelle Grenzen überschritten und sich tatsächlich oder in ihrem Selbstverständnis, in ihrer Ideologie oder ihrer Planung als neue Figurationen präsentiert. Mit Staatengründung kamen die Einrichtungen von sinnbildlichen und materiellen Infrastrukturen hinzu. Neben symbolischen und performativen Akten spielten dabei seit dem Altertum architektonische, gartenkünstlerische und städtebauliche Ausdrucksformen eine zentrale Rolle. Im Falle Berlins, als neuer Hauptstadt des Reiches, die einerseits zwar aus vielen kleinen Städten und Dörfern quasi zusammengewürfelt worden war, andererseits jetzt aber städteplanerisch auch neu skizziert werden musste, um diesen herrschaftlichen Ausdrucksformen Gesicht zu verleihen, lassen sich gleich mehrere Ebenen dieser Herrschaftsinszenierungen aufzeigen, weil auch die Regimewechsel vom Kaiserreich, über die Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus, DDR und BRD ihre Spuren in der Planung hinterlassen haben.
Aus diesem Grund sind insbesondere Infrastrukturen zentraler Untersuchungsgegenstand einer kulturgeschichtlich ausgerichteten, historischen Stadtforschung, die für die Ergründung von nationalen Meistererzählungen eine mikrohistorische Perspektive anbietet. In einer gemeinsamen interdisziplinären Erkundung von geplanten (z.B. Germania, Wiederaufbauplanung nach 1945) und umgesetzten Instanzen solcher Herrschaftsinszenierungen (Stadtschloss und Lustgarten, Olympiastadion und Olympisches Dorf, Palast der Republik und Marx-Engels-Forum, Regierungsviertel) in Berlin soll Studierenden aus zwei Fachdisziplinen im Forschungsseminar die Möglichkeit eröffnet werden, sowohl die Ausgestaltung der physischen Infrastrukturen wie auch die damit verbundene mentalen Ordnungen durch eine historische Perspektive zu erkunden, freiraumplanerische Analysen mit historischer Quellenarbeit zusammenzuführen.
Ziel des Seminars ist die historische und räumliche Betrachtung der freiraumplanerischen und politisch-administrativen Ausgestaltung von Macht und Herrschaft innerhalb der Stadt Berlin. Die Studierenden bearbeiten in interdisziplinären Gruppen einzelne Forschungsfragen, die mit der Erzählung von Herrschaft über die Stadtplanung, der Errichtung bestimmter städtischer Infrastrukturen oder ästhetischer Ausdrucksmittel einhergehen. Begleitet wird das Seminar durch eine gemeinsame viertätige Exkursion nach Berlin, in der vor Ort eigenständige Forschung ermöglicht werden soll. Zudem soll durch gemeinsame Begehungen des Stadtraumes die Erfahrbarkeit von Herrschaft auch methodisch erprobt werden.
Literatur zur Vorbereitung
- Knoll, Joachim H.: Das wilhelminische Berlin, Panorama einer Metropole 1890-1918, 2000.
- Bredekast, Horst: "Vom Berliner Schloß zum Humboldt Forum: ein Paradigma Deutscher Konfliktgeschichte." Artium Quaestiones 30 (2019), S. 279-304.
Seminar
Montags, 16 - 18 Uhr
Die Veranstaltung wendet sich an Studierende, die im Arbeitsbereich der Sozial- und Kulturgeschichte, insbesondere auch der Tiergeschichte, eine Abschlussarbeit - BA, MA oder Staatsexamen - schreiben oder vorhaben dies zu tun. Sie bietet denjenigen, die bereits an ihrer Arbeit sitzen, die Möglichkeit Schwierigkeiten zu besprechen und Fragen zu klären und denjenigen, die noch auf der Suche nach einem Thema sind, Hilfe bei Themenfindung und dabei, das Thema richtig zuzuschneiden und eine Fragestellung zu entwickeln. Zudem soll die Veranstaltung alle Teilnehmer*innen dabei unterstützen, ihre Arbeiten in aktuelle Forschungskontexte einzubinden. Dazu haben Sie die Möglichkeit auch gemeinsam zentrale, themenrelevante Sekundärliteratur zu diskutieren.
Wir werden uns im Seminar also sowohl mit technisch-methodischen Fragen des wissenschaftlichen Schreibens als auch Perspektiven und Fragestellungen diskutieren, die für das Fach relevant sind.
Literatur zur Vorbereitung:
- Neumann, Friederike: Schreiben im Geschichtsstudium. UTB GmbH, 2018.
- Eco, Umberto: Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt: Doktor-, Diplom- und Magisterarbeiten in den Geistes- und Sozialwissenschaften, 2010.