Mehrsprachigkeit aus sprachvergleichender Perspektive
Wintersemester 2016/17
Organisation: Astrid Lange M.A. Fachgebiet DaFZ Referent*innen: Prof. Dr. Ulrich Mehlem, Prof. Dr. Bernhard Brehmer, Prof. Dr. Yong Liang, Astrid Lange M.A.
Im Rahmen der Ringvorlesung Deutsch nach X – Mehrsprachigkeit aus sprachvergleichender Perspektive wurden unter der Leitung von Astrid Lange M.A. im Wintersemester 2016/17 Gastreferenten verschiedener Universitäten zu einem Vortrag und einer anschließenden praxisbezogenen Übung eingeladen. Während des wöchentlich stattfindenden Begleitseminars bereiteten sich die SeminarteilnehmerInnen intensiv auf die Themenschwerpunkte vor und profitierten somit in hohem Maße von dem inhaltlichen Austausch mit den externen Experten. Bei den Studierenden des Masterstudiengangs DaFZ, des Weiterbildenden Studienprogrammes DaFZ als auch bei MitarbeiterInnen der Universität Kassel stieß das Thema auf großes Interesse.Die Beiträge widmeten sich dem kontrastiven Vergleich zwischen Deutsch und den Sprachen Arabisch, Russisch und Chinesisch, wobei jeder Referent jeweils unterschiedliche Aspekte fokussierte. Die Relevanz der einzelnen Sprachen als potenzielle Herkunftssprachen von SprachkursteilnehmerInnen ergibt sich aktuell durch die starken Migrationsbewegungen in die deutschsprachigen Länder (z.B. bei Geflüchteten und internationalen Studierenden) sowohl in DaZ-Kursen vor Ort als auch in der DaF-Auslandsarbeit, etwa an Goethe-Instituten und an ausländischen Hochschulen. Die inhaltliche stark divergierende Fokussierung der Referenten verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen eröffnete einen vielseitigen und abwechslungsreichen Einblick in die Thematik.
Den Anfang machte am 8. November 2016 der Islam- und Sprachwissenschaftler und -didaktiker Prof. Dr. Ulrich Mehlem (Goethe-Universität Frankfurt). Nach einer einführenden Darstellung struktureller Besonderheiten der arabischen Sprache mit Augenmerk auf die Diglossie und die Differenzen in den verschiedenen arabischen Varietäten stellte Herr Mehlem das arabische Schriftsystem vor, das die TeilnehmerInnen mit Hilfe einer Anlauttabelle selbst erprobten. Kontraste zwischen den Sprachen Deutsch und Arabisch wie Unterschiede im Laut- und Grapheminventar oder die abweichende Silbenstruktur wurden auf diese Weise unmittelbar als Lernhürde erfahren, wodurch zugleich auch die Stolpersteine arabischer MuttersprachlerInnen beim Deutschlernen erfasst werden konnten. Einen Einblick in die schulischen Anforderungen und die Rolle der arabischen Hochsprache an syrischen Schulen gaben die in Deutschland lebenden syrischen Lehrerinnen Hala Mouammar, Jwana Mohammad und Marina Maqdesi in Form eines Kurzvortrags, der von den TeilnehmerInnen als hilfreich für ihre spätere berufliche Praxis, in der sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit syrischen LernerInnen konfrontiert sein werden, wahrgenommen wurde.
In seinem Beitrag am 22. November 2016 ging Prof. Dr. Bernhard Brehmer, Professor für slawische Sprachwissenschaft (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald) auf Unterschiede in der Deutschkompetenz der ersten und zweiten Einwanderergeneration russischsprachiger DeutschlernerInnen ein. Vor allem die Verwendung des bestimmten und des unbestimmten Artikels stellt für russische MuttersprachlerInnen eine Sprachbarriere beim Erlernen der deutschen Sprache dar, da entsprechende Kategorien im Russischen fehlen. Im praktischen Teil des Beitrags wurden Sprachdaten in Form von Audioaufnahmen und Transkripten beider Generationen analysiert, wodurch die Problematik der Verzögerung beim Erwerb der Artikel in der Zweitsprache Deutsch vor allem in der Elterngeneration deutlich wurde.
Der letzte Gastbeitrag wurde am 24. Januar 2017 von dem Germanisten und Sinologen Prof. Dr. Yong Liang von der Universität Trier gehalten. Nach der Vorstellung einiger Besonderheiten der chinesischen Sprache vor, die sich in vielerlei Hinsicht, etwa dem nicht-phonographischen Schriftsystem, der Tonalität und der unterschiedlichen Morphematik und Syntax von der deutschen Sprache unterscheidet, stellte Herr Liang als besonders hohe Lernbarriere die unterschiedlichen Kommunikationskonventionen im Chinesischen und Deutschen heraus. Das hohe Potenzial für kommunikative Missverständnisse zwischen Deutschen und chinesischen DeutschlernerInnen wurden den Teilnehmenden im Rahmen einer praktischen Übung vor Augen geführt: Nachdem exemplarische kommunikative Situationen von allen Teilnehmenden – darunter viele chinesische Studierende – auf angemessene sprachliche Handlungsoptionen hin eingeschätzt wurden, ergab sich eine anregende Diskussion über kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Die Ringvorlesung zeichnete sich durch die Vielseitigkeit und die interdisziplinären Zugänge der einzelnen Referenten aus, so dass deutlich wurde, auf welch unterschiedlichen Ebenen kontrastive Vergleiche zwischen Sprachen durchgeführt werden und nützlich sein können. Von den Studierenden des Fachgebiets DaFZ wurden vor allem die Verknüpfung zwischen theoretischem Input und praktischer Übung positiv beurteilt, da die Inhalte so anschaulicher und direkt anwendbar waren.
Dokumentation zur Ringvorlesung
Text: Astrid Lange M.A., Fotos: Jinyan Wang