Tankred Dorst
Tankred Dorst ist für das Wintersemeste 1986/87 als Brüder-Grimm-Poetikprofessor an die Gesamthochschule Kassel (GhK) berufen worden. Seine Vorlesungen begannen am Donnerstag, dem 20. November.
Dorst ist – wie die Brüder Grimm es waren – ein Grenzgänger, der über Genres und Medien hinweg Möglichkeiten sucht: sowohl Romancier und Dramatiker als auch Filmautor, sowohl Schriftsteller als auch Zeitkritiker. Welche Möglichkeiten Medien wie Theater oder Film einem Autor eröffnen, bis hin zu ihren Wechselwirkungen, auch darauf kam Dorst in Kassel zu sprechen. Und man war in Kassel gespannt auch auf die Zusammenhänge von Werken wie Eiszeit, Toller, Merlin, Heinrich oder die Schmerzen der Phantasie bis hin zum Stück Ich, Feuerbach, das Ende Oktober 1986 im Münchener Residenztheater uraufgeführt wurde, bis hin auch zu den bis dahin drei Filmen, die Dorst als Autor und Regisseur gemacht hat – KLARAS MUTTER (D 1978), MOSCH (D 1980) und EISENHANS (D 1983) – und die er selbst als Versuch einer deutschen Mythologie sieht.
GPP-Veranstaltungsreihe mit Tankred Dorst
In insgesamt sechs öffentlichen (Vor-)Lesungen in der Universität ging Dorst auf seine bisherigen Arbeiten im Zusammenhang ein um sie – vor allem seine Theaterstücke – auch im Kontext ihrer Zeitgeschichte darzustellen, so etwa den 1968 uraufgeführten Toller oder den zwischen 1978/80 entstandenen Merlin oder das wüste Land. Mit den Absichten der Brüder-Grimm-Professur der GhK, auf die jedes Jahr wechselnd namhafte zeitgenössische Autor*innen berufen werden, fühlte sich Tankred Dorst auf doppelte Weise verbunden, so hatte er die Bilder der Grimm'schen Märchen immer schon auch als »Bilder für unser Leben« empfunden und manche Motive in Filme und Stücke verwoben.
Als Termine waren der 20. November, 4. und 18. Dezember, 15. und 29. Januar sowie der 12. Februar vorgesehen, jeweils 20 Uhr im Hörsaal der GhK, Menzelstraße 13 (ehemalige Kunsthochschule).