Konzept
Herausragende Preisträgerinnen und Preisträger
Mit der Grimm-Poetikprofessur hat die Universität Kassel bereits so bedeutsame und zugleich thematisch und stilistisch heterogen schreibende Literatinnen und Literaten geehrt wie die Nobelpreisträgerin Herta Müller (1998), Christoph Hein (2002), Rafik Schami (2010) oder Sibylle Lewitscharoff (2013). Seit Beginn der Vorlesungsreihe zeichnet sich das Konzept der Poetikprofessur zudem durch einen weiten Begriff von Autorschaft sowie ein intermedial umfangreiches Poetikverständnis aus. Demzufolge finden sich unter den Preisträgerinnen und Preisträgern auch mediale Grenzgänger wie der Dramatiker Tankred Dorst (1986) oder der Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff (2011).
Publikationsreihe zur Grimm-Poetikprofessur
Seit 2018 ist eine Publikationsreihe zu den Kasseler Grimm-Poetikprofessuren im Verlag Königshausen & Neumann etabliert. Herausgegeben und betreut wird die Reihe von Stefanie Kreuzer.
Zur Homepage der GPP-Publikationsreihe bei Königshausen & Neumann
Grimm-Poetikprofessur-Filmreihe
In Kooperation mit dem Medienkünstler und Regisseur Thomas Henke (FH Bielefeld) ist eine begleitende Reihe mit filmischen (Künstler:innen-)Porträts zu den Preisträger:innen initiiert. Es liegen mittlerweile folgende Filme vor:
UND ICH WAR FERIDUN ZAIMOGLU (D 2023; R.: Thomas Henke) ist der mittlerweile dritte GPP-Begleitfilm.
FRAU DÖRRIE UND DIE GESPENSTER (D 2022; R.: Thomas Henke) ist der zweite Kurzfilm der GPP-(Begleit-)Filmreihe.
SIE SAGEN IMMER TERÉZIA MORA (D 2021; R.: Thomas Henke) wurde als erster Experimental(lang)film der GPP-Filmreihe unter Corona-Pandemie-Bedingungen realisiert.
Aktuelle Profilierung
Gegenwärtig wird die Kasseler Grimm-Poetikprofessur medienästhetisch akzentuiert und erhält einen zusätzlichen dezidiert filmischen Schwerpunkt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Stefanie Kreuzer (»Neuere Deutsche Literaturwissenschaft/Medienwissenschaft«) soll die Poetikprofessur zukünftig sowohl an Literat:innen als auch Filmschaffende sowie an Kulturschaffende aus den Bereichen Theater, Kunst und Kultur vergeben werden. Diese mediale ›Öffnung‹ steht ganz im Zeichen der Grimm’schen Namensgeber. Denn schon die Märchensammlung der Brüder Grimm markiert einen bedeutsamen Medienwechsel von der Oralität zur Schriftlichkeit, von den mündlich tradierten und ritualisierten Märchenerzählungen hin zu einer schriftlich fixierten, sprachlich normierten und narrativ überformten Textsammlung.
Veranstaltungspraxis
Ein wichtiges Anliegen der Grimm-Poetikprofessur ist es seit jeher, einen produktiven Austausch zwischen der universitären Literatur-/Film-/Medienwissenschaft, zeitgenössischen Literat:innen, Dramatiker:innen und Filmschaffenden sowie einer kulturell interessierten Öffentlichkeit herzustellen. Die Veranstaltungsreihe setzt sich dabei stets aus drei Teilen zusammen:
(a) einer öffentlichen Antrittsvorlesung zu einem von den Poetikprofessor:innen selbstgewählten Thematik,
(b) einer öffentlichen Lesung aus einem aktuellen Text – respektive auch einer Filmsichtung – sowie
(c) einer hochschulöffentlichen (Seminar‑)Veranstaltung, welche speziell an die Kasseler Studierenden adressiert ist.
Darüber hinaus wird die intensive Auseinandersetzung mit den – im weitesten Sinne – ›ästhetischen‹ Arbeiten der Ausgezeichneten seit einigen Jahren auch durch fachwissenschaftliche Lehrveranstaltungen des Instituts für Germanistik begleitet, in denen literarische und filmische Arbeiten der Poetikprofessor:innen mit den Studierenden reflektiert werden.
Geschichte und Tradition
Die Kasseler Brüder-Grimm-Poetikprofessur wird seit 1985 von der Universität Kassel vergeben und ist aktuell von der Kasseler Sparkasse gestiftet. Ursprünglich als zentrale Einrichtung der Reformhochschule Kassel initiiert, wurde die Poetikprofessur in den vergangenen Jahren vom Institut für Germanistik an herausragende Autor*innen, aber auch Dramatiker:innen und Regisseur:innen verliehen. Namensgeber für die Poetikprofessur sind die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, die in Kassel gelebt und gearbeitet haben. Ihr gattungsübergreifendes, vielfältiges und interdisziplinäres Wirken ist editorischer, wissenschaftlicher und politischer Art und reicht von der Herausgeberschaft der Kinder- und Hausmärchen, über Verdienste um die Erforschung der deutschen Sprache, bis hin zu ihrem humanistischen Engagement beim Ausformulieren von Menschenrechten.
Als Teil der Göttinger Sieben setzten sich die Brüder Grimm zudem gegen königliche Willkür und für eine liberale Verfassung ein. Im Zeichen dieses interdisziplinär vielfältigen, ebenso ästhetisch-philologischen wie gesellschaftlich-politischen Engagements steht der Kasseler Ehrentitel.
Veranstaltungsorte
Die Kasseler Poetikvorlesungen haben im Laufe ihrer Geschichte an unterschiedlichen öffentlichen Orten in der Stadt, an der Kunsthochschule und der Universität Kassel stattgefunden. Bis 2008 waren die Veranstaltungen im Eulensaal der Murhardschen Bibliothek angesiedelt. Später gastierten die Poetikprofessor:innen im zur Karlshaue hin geöffneten Hörsaal der Kunsthochschule. In den letzten Jahren fanden die Veranstaltungen wegen des großen öffentlichen Interesses im größten, circa 650 Personen fassenden Hörsaal I des neugebauten Campus Center der Universität Kassel auf dem Holländischen Platz statt. In Zukunft könnten Veranstaltungen im Rahmen der Poetikprofessur zudem auch in städtische Kinos Einzug halten.
Anmerkung
Die Brüder-Grimm-Poetikprofessur ist nicht zu verwechseln mit der Professur »Werk und Wirkung der Brüder Grimm« an der Universität Kassel. Diese Professur ist gegenwärtig mit dem Grimm-Forscher Prof. Dr. Holger Ehrhardt besetzt.
– Stefanie Kreuzer | Stand: Okt. 2023 –