Terézia Mora
Terézia Mora in Berlin 2019 – Pressefotos zum Erscheinen ihres Romans Auf dem Seil (2019)
– Stefanie Kreuzer | Stand: 2. Nov. 2021 –
Grimm-Poetikprofessorin 2021: Terézia Mora
Terézia Mora (*1971) erhält 2021 die Kasseler Grimm-Poetikprofessur.
Terézia Moras fiktionale Texte beeindrucken, wie bereits im Rahmen der Büchner-Preis-Verleihung (2018) herausgestellt, durch »ihre eminente Gegenwärtigkeit und lebendige Sprachkunst, die Alltagsidiom und Poesie, Drastik und Zartheit vereint.« Ihre Textwelten sind von einem Figurenpersonal bevölkert, das häufig Sonderlinge, prekäre Existenzen, moderne Nomaden, unglücklich wirkende Einzelgänger und skurrile, sympathische Fremde versammelt. Für Terézia Moras Erzählen sind lebendige Figurenschilderungen und visuell eindrückliche Welten charakteristisch. Ebenso treten selbstreflexive Momente und spielerisch experimentelle Elemente hervor, die die erzählten Welten mitunter ironisch brechen. Exemplarisch anzuführen sind etwa textlich nebeneinander platzierte simultane Erzählstränge und -perspektiven sowie damit einhergehend verschiedene individuelle Leserichtungen oder auch durchgestrichene Wörter und graphisch strukturierte Textanordnungen.
Als Prosaautorin hat Mora mittlerweile zwei Erzählungsbände und vier Romane publiziert. Nach ihrem frühen Erzählungsband Seltsame Materie (1999) und dem Roman Alle Tage (2004) folgte über die Dauer eines Jahrzehnts eine Romantrilogie, die von dem zugleich extremen und kuriosen Leben des IT-Spezialisten Darius Kopp erzählt. Die Trilogie reicht von Der einzige Mann auf dem Kontinent (2009) über Das Ungeheuer (2013) bis hin zu Auf dem Seil (2019). Der Protagonist verbringt zunächst beruflich erfolgreiche und privat glückliche Zeiten in Berlin. Als er mit dem Suizid seiner ungarischstämmigen Frau konfrontiert wird, erlebt er diesen als Schicksalsschlag. Er zieht sich aus seinem bisherigen Leben zurück und bricht in ein zielloses Nomadendasein auf. Mit der Urne seiner Frau im Gepäck macht er sich auf die Suche nach ihrer Herkunft, reist nach Ungarn und weiter durch Osteuropa. Im dritten Teil strandet er schließlich mittellos als Gelegenheitsarbeiter, Touristenführer und Pizzabäcker auf Sizilien, bevor er mit seiner schwangeren, minderjährigen Nichte zurück nach Berlin in ein neues Leben aufbricht.
So wie Darius Kopp erscheinen viele Figuren in Moras Texten als schrullige Charaktere, die sich mehr oder weniger in ihrem Leben behaupten oder dieses gar – wie Darius’ Frau Flora – nicht mehr ertragen können. Anzuführen wäre etwa Abel Nehma, der Protagonist aus Alle Tage oder die Hauptfiguren der titelgebenden Erzählung aus der Sammlung Die Liebe unter Aliens (2015). Terézia Moras Erzählweise ist handlungsreich, bedient sich ganz unterschiedlicher Sujets – vom akademisch geprägten Leben eines japanologischen Professors im Ruhestand bis hin zur Schilderung widersprüchlicher Gefühle während einer Vergewaltigung – und wartet sprachlich mit einem großen Spektrum heterogener Töne und Stillagen auf.
Vor der Kasseler Grimm-Poetikprofessur hat Mora 2006/07 gemeinsam mit Péter Esterházy die Tübinger sowie 2013/14 die Frankfurter Poetik-Dozentur innegehabt. 2014 hat sie die Salzburger Stefan-Zweig-Poetikvorlesung gehalten.
GPP-Veranstaltungsreihe mit Terézia Mora (SoSe 2021)
Die öffentlichen Veranstaltungen im Rahmen von Terézia Moras Grimm-Poetikprofessur haben von Mo. bis Do., 7.–10. Juni 2021, in Online-Formaten stattgefunden.
Insgesamt setzt sich die Veranstaltungsreihe zu Terézia Moras Grimm-Poetikprofessur aus drei Teilen zusammen: (1) einer aufgezeichneten digitalen Antrittsvorlesung (asynchron), (2) einem Online-Live-Gespräch mit Terézia Mora (via Zoom-Meeting) sowie (3) einem Poetik-Seminar für Studierende der Universität Kassel.
Plakat zu Terézia Moras
Grimm-Poetikprofessur 2021
(Plakat: Stefanie Kreuzer;
Foto: Antje Berghäuser)
Interview mit Terézia Mora
Im Vorfeld der Kasseler GPP-Veranstaltung ist ein hr-2-kultur-Podcast (8. Juni 2021) zur Ankündigung von Terézia Moras Gastprofessur entstanden, der auch auf den Begleitfilm SIE SAGEN IMMER TERÉZIA MORA (D 2021) verweist, der unter der Regie von Thomas Henke entstanden ist.