Hans-Joachim Schädlich
Zensur ist die »Kampfmaschine im Reich des Geistes«, so beantwortete Hans-Joachim Schädlich als Brüder-Grimm-Poetikprofessor der Universität Gesamthochschule Kassel die Frage seiner ersten Vorlesung am 17. Dezember 1988: »Über Bedingungen des Schreibens in der DDR und in der Bundesrepublik – oder: Was ist Zensur?« Dass die Wahrheit – auch diese – konkret ist, wie Schädlich sagte, vermittelte sich im vollen Hörsaal des Kunstbereichs der GhK in den ebenso nüchternen wie eindringlichen Selbstauskünften über die Erfahrungen eines »ost-westdeutschen Schriftstellers«, der 1977 aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedelte und heute in West-Berlin lebt.
Zensur in der DDR, das machte Schädlich am eigenen Beispiel – aber nicht nur an diesem – deutlich, ist nach wie vor diktatorisch und zielt auf die Existenz. Insofern ist sie mit der in der Bundesrepublik nicht zu vergleichen. Dass sie freilich auch hierzulande grassiert – und zwar in wachsendem Ausmaß – auch das gehörte zu Schädlichs konkreten Wahrheiten.