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07/20/2021 | Pressemitteilung

Kasseler Experte: Corona-Pandemie erhöht Druck zur Transformation des Ausbildungsmarkts

Die kritische Lage auf dem Ausbildungsmarkt wurde durch die Corona Pandemie weiter verstärkt. Deshalb fordert der Kasseler Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Schroeder nicht nur Maßnahmen zur Krisenbewältigung, sondern auch solche, die einer langfristigen Transformation des Ausbildungsmarktes Rechnung tragen.

Image: David Ausserhofer.
Prof. Wolfgang Schroeder.

Um den drohenden Fachkräftemangel in Zukunft zu verhindern, müssten die Chancen von Jugendlichen azyklisch und langfristiger gefördert werden. Das von Schroeder geleitete Projekt „Arbeitsweltberichterstattung Hessen“ hatte aktuelle Daten zum deutschen Ausbildungsmarkt in den Corona-Jahren 2020 und 2021 ausgewertet. „In einem Jahr, das durch das Wegfallen von Messen, Berufspraktika und anderen Angeboten zum Kennenlernen in Präsenz wie auch einer nur eingeschränkten Berufsorientierung geprägt war, müssen wir den Ausbildungsmarkt schnellstmöglich normalisieren und gleichzeitig zukunftsfähiger gestalten“, konstatiert Schroeder, Leiter des Fachgebiets „Politisches System der BRD“ an der Universität Kassel.

„Wir dürfen nicht nur an die aktuelle Krisenbewältigung denken, sondern es müssen auch Strukturen für eine langfristige Transformation des Ausbildungsmarktes geschaffen werden“, fordert Schroeder. Die Autoren des Policy Papers fordern weitere Maßnahmen, um die Ausbildung von Fachkräften für die Zukunft zu sichern, die aktuelle Situation zu stabilisieren und nachhaltig zu entwickeln. Zu den vorgeschlagenen Instrumenten gehören zum Beispiel zusätzliche Maßnahmen zur Berufsorientierung, zur Assistenz und Begleitung vor und während der Ausbildung sowie eine bessere Zusammenarbeit der Arbeitsmarkt- und Sozialakteure vor Ort. Für möglich gehalten werden auch Modelle zur Ausbildungsgarantie und Prämien für Ausbildungssuchende. Außerdem sollten die Betriebe wie auch die Ausbildungsinteressierten darüber nachdenken, welche Berufe in Zukunft benötigt werden bzw. welchen Geschäftsmodellen die Zukunft gehören. Derzeit werde dieser Prozess aber ausgebremst. Schroeder schlägt deshalb eine Transformationsagentur vor, die sich diesen Überlegungen widmet. So könnte das Risiko verringert werden, dass Unternehmen aufgrund der aktuellen Unsicherheitssituation ihre zukünftigen Fachkräftebedarfe aus dem Blick verlieren.  

Die quantitative Betrachtung verschiedener Studien unterschiedlicher Autoren zum aktuellen deutschen Ausbildungsmarkt zeigt, wie einschneidend die Corona-Pandemie gewirkt hat: 2020 wurden 57.555 weniger Ausbildungsstellen seitens der Unternehmen ausgeschrieben. Das entspricht einem Rückgang von neun Prozent. Auch Ausbildungsverträge wurden im Vergleich zum Vorjahr weniger abgeschlossen (467.484, -11%). Zugleich gibt es jedoch einen Anstieg unbesetzter Ausbildungsstellen von rund 13%, was verdeutlicht, dass Ausbildungsinteressierte und Betriebe schwerer zueinander finden. Viele Jugendliche haben sich außerdem im letzten Jahr für Alternativen wie ein Studium, weiterführende Schulen oder die Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen im Übergangssystem entschieden. Viele von ihnen dürften nun mit einem Jahr Verzögerung in eine Ausbildung streben. „Der Ausbildungsmarkt 2021 ist hochkompetitiv“, schlussfolgert der Politikwissenschaftler.

Die Verfasser des Policy Papers verweisen außerdem darauf, dass durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus genau die Ausbildungsplätze entfallen, die den schwieriger vermittelbaren Ausbildungsinteressierten am meisten helfen, etwa im Hotel- und Gastronomiebereich. Hier ist auch der hessische Ausbildungsmarkt besonders betroffen, denn die beiden Wirtschaftszweige mit dem größten Nachfragerückgang (Gastgewerbe sowie Verkehr und Lagerei) sind in diesem Bundesland überproportional stark vertreten. „Es ist bereits abzusehen, dass als Folge der Corona-Pandemie die vorhandenen Ungleichheiten in der Schulbildung weiter zunehmen. Fehlende digitale Infrastruktur, der Ausfall von Praxismöglichkeiten und Berufsorientierung untermauern dies. Deshalb ist es wichtig, dass alle an der Ausbildung beteiligten Stakeholder mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung dagegen stellen “, so Schroeder.

 

Das Policy Paper finden Sie hier: https://www.uni-kassel.de/fb05/i3

Mehr Informationen zur „Arbeitsweltberichterstattung Hessen“ finden Sie hier: https://www.uni-kassel.de/fb05/fachgruppen-und-institute/politikwissenschaft/fachgebiete/politisches-system-der-brd-staatlichkeit-im-wandel/forschung/arbeitsweltberichterstattung-hessen

 

 

Kontakt:

Prof. Dr. Wolfgang Schroeder 

Universität Kassel 
Fachbereich Gesellschaftswissenschaften 
Lehrstuhl: Politisches System der Bundesrepublik/Staatlichkeit im Wandel 
Nora-Platiel-Str.1
34109 Kassel 
Tel.: 0561-804-3096 
E-Mail: wolfgang.schroeder@uni-kassel.de
 

Pressekontakt:

Sebastian Mense
Universität Kassel
Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 561 804-1961
E-Mail: presse[at]uni-kassel[dot]de
www.uni-kassel.de